Hausmann, Andrea

Theater-Marketing

Grundlagen, Methoden und Praxisbeispiele

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Lucius & Lucius, Stuttgart 2005
erschienen in: das Orchester 06/2006 , Seite 79

In ihrem Vorwort bringt die Autorin die Sache rasch auf den Punkt, wenn sie meint, Marketing sei „in vielen Theatern noch immer mit großen Vorbehalten“ besetzt. Die Aussicht auf die Vermarktung kultureller Dienstleistungen und Produkte wecke bei den Machern offenbar die Befürchtung, „dass hierdurch den (häufig gar nicht genau bekannten) Publikumsbedürfnissen beliebig Rechnung getragen werden soll“. Marketing werde daher unverändert skeptisch beurteilt, man befürchte eine Kommerzialisierung und Nivellierung der Theaterarbeit. Dadurch werde die strategische Bedeutung des Marketings gar nicht erkannt.
Diese kurze, aber durchaus zutreffende Einleitung lässt auf die weitere Lektüre hoffen. Können die Vorbehalte ausgeräumt werden? Gibt es Rezepte und Methoden, dem Marketing einen besseren Stellenwert, eine inhaltliche und organisatorische Verankerung in der Theaterleitung zu verschaffen? Um es vorweg zu nehmen: Das Buch ist eine intensive Lektüre wert und gehört in die Hand jedes Theater- und Orchesterintendanten, geschäftsführenden Direktors, aber auch Kulturdezernenten- und Amtsleiters; selbst Betriebs- und Personalräte sowie Vorstände werden hier Antworten auf die Fragen finden, die sie zur (besseren) Vermarktung ihres Betriebs bewegen.
Nach einer kurzen Übersicht über die aktuelle Situation der deutschen Theaterbetriebe, die Dispositionsmodelle und Rechtsformen werden zunächst die konzeptionellen Grundlagen des Theatermarketings behandelt. Marketing ist ein Führungskonzept, bei dem alle Aktivitäten des Unternehmens so auf aktuelle und potenzielle Märkte ausgerichtet werden, dass die „Unternehmensziele durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse verwirklicht werden“. Marketing ist mehr als nur Werbung, Öffentlichkeitsarbeit oder Verkaufsförderung. Die möglichen Kern- und Zusatzleistungen des Theaters, die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber anderen Freizeitangeboten und die erforderliche Publikumsorientierung werden prägnant beschrieben.
Einer der treffenden Kernsätze hierzu lautet: Elementare „Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung von Publikumsorientierung ist dabei die Implementierung dieses Prinzips als Denk- und Führungsstil, der das Verhalten sämtlicher Mitarbeiter und Führungskräfte im Theater prägt“. Da bleibt in deutschen Theatern und Orchestern wohl noch einiges zu tun. Weiter geht es mit den Themenfeldern Sponsoring und Fundraising, denen auch beim (Beziehungs-) Marketing eine wichtige Rolle zufallen kann.
Theatermarketing braucht Informationen, vor allem aus der (regelmäßigen!) Besucherforschung. Hierzu werden verschiedene Methoden, Primär- und Sekundärmarktforschung bis hin zur konkreten Besucherbefragung und deren Auswertung angesprochen. Weiten Raum nimmt die eigentliche Marketingkonzeption für Theater ein, also die Planung aller Marketingaktivitäten eines konkreten Theaters in seinem spezifischen Umfeld im klassischen Dreiklang: „Wo wollen wir hin?“, „Wie kommen wir dahin?“ und „Was muss dafür eingesetzt werden?“ Zum Abschluss erläutert die Autorin die Koordination und Steuerung des Theatermarketings, wobei der Schaffung einer eigenen Marketingabteilung, die alle einschlägigen Aufgaben bündelt und koordiniert, der Vorzug gegeben wird – bislang ist diese nur vereinzelt in sehr großen deutschen Theatern und Opernhäusern vorhanden.
Das Buch liest sich sehr flüssig. Optisch abgesetzte aktuelle Praxisbeispiele mit weiterführenden Hinweisen auf Internetfundstellen, Grafiken und Tabellen erleichtern Verständnis und Überblick ungemein. Gesamturteil: sehr gut! Fazit: Lektüre dringend empfohlen!
Gerald Mertens