Davies, Peter Maxwell

The Trojan games after Book V of Virgil’s “Aeneid”

for ensemble, Studienpartitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, London 2013
erschienen in: das Orchester 01/2015 , Seite 73

Der englische Komponist und „Master of the Queen’s Music“ Peter Maxwell Davies (*1934) ist ein kritischer Geist, der sich auch zu aktuellen Fragen äußert. So bezeichnete er 2012 die in London stattfindenden Olympischen Spiele als chauvinistische und kommerzielle Veranstaltung. Seine Reaktion darauf sind seine eigenen musikalischen Spiele, die Trojan Games, die er 2012, abgeschieden in einem kleinen Ort in Italien in der Nähe von Pitigliano lebend, für ein 14-köpfiges Ensemble schrieb. Der Italien-Aufenthalt veranlasste ihn, sich mit Vergils Aeneis zu befassen. Im fünften Buch fand er die Beschreibung von Wettkämpfen, die Aeneas im Gedenken an seinen verstorbenen Vater Anchises veranstaltete. Die Disziplinen waren Schiffsrennen, Wettrennen, Faustkampf, Pfeilschießen und Ritterspiele. Die Sieger gingen reich beschenkt nach Hause.
Maxwell Davies überträgt die Idee des Wettkampfs, die sich im Begriff des Konzertierens wiederfindet, auf die Musik, ohne sich ausgiebig der Tonmalerei zu bedienen. Seine Spiele werden von der Virtuosität der Inst­ru­mentalisten bestimmt, die Musiker wetteifern untereinander um Aufmerksamkeit.
Die 15-minütige Komposition, die dem ContempoArtEnsemble und Mauro Ceccanti gewidmet ist, besteht aus neun ineinander übergehenden Abschnitten im regelmäßigen Wechsel von ruhigen und lebhaften Partien. Die mit lento bezeichneten Abschnitte lassen sich inhaltlich zunächst als vorbereitende Anrufung der Götter (im Streichquintett-Satz), dann als Prozessionsmusik und Danksagung (erweitert zum Tutti) verstehen. Sie sind in sich relativ einheitlich gestaltet. Die vier den Wettstreit verkörpernden lebhaften Teile sind unterschiedlich instrumentiert und lassen im musikalischen Wettstreit aller jeweils einige Solisten hervortreten. Zunächst sind es die Holzbläser mit Flöte, Oboe, Fagott und Klarinette, die motivisch miteinander verknüpft agieren und vom Streichquintett mit Unterstützung der Bassklarinette sowohl mit wogenden Sechzehntelfiguren als auch tonalen Akkorden begleitet werden. Der nächste Wettstreit wird von äußerst virtuosen Horn- und Trompeten-Soli durchgeführt, in die sich stellenweise einige Holzbläser einklinken. Als Hauptakteur tritt dann das Marimbafon hervor, dessen rasantes Laufwerk sich gegenüber mehreren motivisch kontrastierenden Ebenen behaupten muss. Im letzten Teil fällt der Posaune die Solorolle zu, deren Durchsetzungskraft bei intensivierter Satzdichte etwas eingeschränkt ist. Als letzter Klangreiz wird das Glockenspiel hinzugefügt.
The Trojan Games sind keine Musik überbordender, lärmender Spielfreude. Der Ausdruck der Musik bleibt etwas verhalten. Die handwerklich geschickte Komposition lebt von polyrhythmischen Strukturen und wird durch motivische Ableitungen zusammengehalten. Peter Maxwell Davies’ Tonsprache ist atonal mit Reminiszenzen an die Dur-Moll-Tonalität und Bitonalität. Das Klangbild ist der Tradition verhaftet und wird nicht durch neue Spieltechniken aufgebrochen.
Heribert Haase

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