Ludwig van Beethoven
The Symphonies
Chœur de Chambre de Luxembourg, Solistes Européens Luxembourg, Ltg. Christoph König
Das Besondere an dieser neuen Beethoven-Symphonien-Einspielung der Solistes Européens Luxembourg sind die Zugaben: einige der Ouvertüren und das von Barry Cooper ergänzte Fragment zur 10. Symphonie.
Doch daran schließt sich gleich die Frage an: Wieso finden sich hier nur die bekanntesten und nicht alle Ouvertüren? Gerade die Orchestereinleitungen zu den Festspielen König Stephan und Die Ruinen von Athen sowie die großartigen Konzertouvertüren Die Weihe des Hauses und Zur Namensfeier sind lohnende Werke des vor 250 Jahren in Bonn geborenen Komponisten. Auch die musikhistorisch so bedeutende Leonoren-Ouvertüre Nr. 2 fehlt. Ebenso unlogisch wirken zwei Musiknummern aus dem Ballett Die Geschöpfe des Prometheus, die der Ouvertüre nachfolgen.
Der Name Solistes Européens des vor dreißig Jahren gegründeten Orchesters ist natürlich Programm. Der aus Musikern verschiedener Länder Ost- und Westeuropas zusammengesetzte Klangkörper symbolisiert die europäische Bedeutung Beethovens. Seit zehn Jahren steht das Orchester unter der Leitung des Chefdirigenten Christoph König, der frischen Wind in die Programmgestaltung brachte.
Der heute 52-jährige Dresdner wirkte als junger Mann an der Oper der Beethoven-Stadt Bonn und erwarb sich eine internationale Reputation. Sein Zugang zum Klassiker Beethoven klingt im besten Sinne solide. Er leitet mit dem Know-how eines erfahrenen Dirigenten. Doch selten sind diese Interpretationen aufregend. Auch technisch wirken die Aufnahmen unausgewogen, das Orchester ist etwas schwammig und wenig transparent eingefangen. Besonders irritieren die viel zu wuchtigen und verhallten Pauken. Ein Grund dafür mag sein, dass es sich um Livemitschnitte handelt. Sie entstanden über einen langen Zeitraum hinweg, von 2009 bis 2019, in der Philharmonie Luxembourg. Die älteste Einspielung ist die der Leonoren-Ouvertüre Nr. 3, die jüngste die der 9. Symphonie.
Im Schlusssatz der Neunten singt der hervorragende Chœur de Chambre de Luxembourg – kraftvoll und dennoch differenziert, dabei fein ausbalanciert über die Stimmlagen. Es ist eine Freude, ihm zuzuhören. Die Einstudierung verantwortete Antonio Grosu. An den Solisten Genia Kühmeier (Sopran), Anke Vondung (Mezzosopran), Michael König (Tenor) und Jochen Kupfer (Bass) ist ebenfalls nichts auszusetzen.
Doch wegen des keinesfalls top spielenden Orchesters gilt für diese Neueinspielung: Neben der prominenten Konkurrenz auf dem CD-Markt – etwa der 2019 erschienenen Gesamtaufnahme des Danish Chamber Orchestra unter dem temperamentvollen Ádám Fischer oder den 2020 erschienenen Beethoven-Symphonien des WDR Sinfonieorchesters unter Altmeister Marek Janowski – wird sich diese Fünfer-CD-Box schwer durchsetzen können. Ihr fehlt einfach das Alleinstellungsmerkmal in klanglicher oder interpretatorischer Hinsicht.
Matthias Corvin