Piotr Ilyich Tchaikovsky

The Seasons op. 37a

arr. by Sissi Makropoulou (Harfe)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Brilliant Classics
erschienen in: das Orchester 05/2020 , Seite 77

Sissi Makropoulou, eine aus Athen stammende international anerkannte junge Harfenistin, als freischaffende Künstlerin in Berlin tätig, stellt sich hier mit ihrer 2018/19 produzierten Solo-CD The Seasons vor. Zu hören sind eigene Arrangements der zwölf Klavierstücke op. 37a von Peter Tschaikowsky sowie der 2. Satz Andantino aus seiner
4. Sinfonie. Nikolai M. Bernard, Herausgeber der Petersburger Musikzeitschrift Le Nouvelliste, bat seinerzeit den Komponisten – mit Erfolg –, für die zwölf Ausgaben des Jahrgangs 1876 jeweils ein Klavierstück zu schreiben. Dazu gab er programmatische Titel vor.
Sissi Makropoulou bemühte sich nun, diese „Jahreszeiten“ möglichst originalgetreu auf die Harfe zu übertragen, was ihr weitgehend gelungen ist. Sie verwendet bis auf ein Stück die gleichen Tonarten wie auf dem Klavier. Den inhaltlich vorgegebenen Charakter der Monate „Januar – Am Kamin“, „März – Lied der Lerche“, „Mai – Helle Nächte“, „Juli – Barkarole“ und „Oktober – Herbstlied“ drückt sie mit ihrem sehr lyrischen und virtuosen Harfenspiel gut aus.
In den übrigen Stücken fehlt mir allerdings der passende musikalische Sinn, so z.B. im „Februar – Karneval“ ein fröhlich-schnelleres Tempo, dann der tänzerische Charakter des „April – Schneeglöckchen“ oder für den „Juli – Der Schnitter“ das Temperamentvolle. Ebenso wären frischere Tempi für „August – Die Ernte“, „September – Die Jagd“ und „Dezember – Weihnachten“ passender und spieltechnisch auch möglich gewesen.
Nun schreibt Makropoulou im Booklet (ausschließlich auf Englisch) unter anderem zum „November – Troika“: „Dies ist der einzige Satz, der nicht live gespielt werden kann.“ Und weiter: „Bei der Aufnahme für die CD mussten wir vier Mal unterbrechen, damit ich die Pedale umstellen konnte. Ich bekenne, dass wir ein bisschen gemogelt haben.“ Diese persönliche Preisgabe ist mir unverständlich. Im Übrigen befremdet mich ihr Text insgesamt; Makropoulou verliert sich mit ihren Gedanken in ureigenen Gefühlswelten, Träumereien oder in imaginärer Schwärmerei für Tschaikowsky.
Das trifft ebenso auf die Beschreibung des Andantino der
4. Sinfonie zu. Zwar ist dieser Satz gut arrangiert, doch die Musikerin gestaltet ihn musikalisch unpassend: Die Ecktempi sind viel zu langsam, sogenannte Thema-Umspielungen nimmt sie zu vordergründig. Den großen musikalischen Höhepunkt im Mittelteil hätte sie noch viel mehr hervorheben können.
Makropoulou stellt auf der CD ihr vorzügliches Harfenspiel unter Beweis. Umso mehr sind deshalb all die fragwürdigen Eindrücke – besonders ihr Booklet betreffend – zu bedauern. Vielleicht wäre objektive und musikalisch-kompetente Beratung hilfreich gewesen.
Die tontechnische Wiedergabe ihres Spiels auf der CD ist sehr gut. Ich hätte mir lediglich weniger Präsenz der Geräusche beim reichlich unvermeidlichen Pedaltreten gewünscht.
Dem Hörer und Harfenliebhaber würde ich trotz aller Vorbehalte diese CD empfehlen. <
Marion Hofmann