Rachmaninow, Schostakowitsch, Prokofiew und Shchedrin
The Russian Album
Christoph Croisé (Violoncello), Alexander Panfilov (Klavier)
Die vorliegende Einspielung kammermusikalischer Werke für Violoncello und Klavier bildet eine bemerkenswerte Zusammenstellung. Wie es auch der Titel The Russian Album zum Ausdruck bringt, vereint die eingespielten Stücke, dass sie aus der Feder russischer Meister stammen, welche im 20. Jahrhundert gewirkt haben. Doch ist gerade für das 20. Jahrhundert eine ausgesprochene Vielfalt an – zu großem Teil sehr kontroversen – Stilen charakteristisch, was sich auch in der Auswahl der eingespielten Werke widerspiegelt.
Mit Sergej Rachmaninow ist ein Komponist vertreten, welcher der Tonsprache der Spätromantik zugetan war, während das Werk seines Zeitgenossen Sergej Prokofiew trotz einiger Rückgriffe auf klassische Strukturen als revolutionär gilt.
Die eingespielten Werke von Dmitri Schostakowitsch und Rodion Shchedrin repräsentieren zudem die fortgeschrittene Moderne in der vorliegenden Aufnahme. Dieser gegebene Stilpluralismus fordert von den Interpreten eine hohe Anpassungsfähigkeit im Umgang mit den verschiedenartigen Werken. Cellist Christoph Croisé und Pianist Alexander Panfilov erweisen sich dieser Anforderung als in jeder Hinsicht gewachsen.
Rachmaninows Cellosonate in g-Moll op. 19, die den Auftakt bildet, steht mit ihrer tonalen Erdung noch ganz im Geist der Spätromantik. Beide Künstler überzeugen mit einem ausgesprochen feinen Sinn für die melancholisch anmutenden Kantilenen. Beeindruckend ist der sonore und zugleich weiche Ton des Cellos, den Croisé seinem Instrument entlockt. Besonders im langsamen Satz „Andante“ kommen diese Eigenschaften in lang phrasierten Bögen mit inniger Gestaltung der Melodie zu ihrer vollen Entfaltung. Beiden Künstlern gelingt eine äußerst geschmackvolle Abwechslung von dramatischer An- und auflösender Entspannung.
Mit ganz anderen Anforderungen wartet hingegen Schostakowitschs Cellosonate in d-Moll op. 40 auf. Obwohl äußerlich der klassischen Satzfolge verpflichtet, trägt sie markante Züge der Moderne. Hier sind beide Interpreten gefordert, trotz der oft unklaren harmonischen Verhältnisse den Zusammenhalt zu wahren, was Croisé und Panfilov besonders durch ihr präzise abgestimmtes Zusammenspiel auf vorbildliche Weise umsetzen. Gleiches gilt für Prokofiews Marsch, ein Arrangement aus seiner Oper Die Liebe zu den drei Orangen. Beeindruckend sind vor allem die Glissandi, welche sich Cello und Klavier gegenseitig zuwerfen. In der Klavierstimme erhalten diese dank der hohen Fingerfertigkeit Panfilovs einen geradezu brillant-huschenden Charakter und bilden eine willkommene Untermalung der Cellostimme.
Als Bonustrack enthält die CD zudem ein Werk des Schweizer Komponisten Thomas Demenga (*1954) – eine humoristische Rezeption des Verkehrslärms in New York, wohin es Demenga für sein Studium gezogen hatte. Gekonnt gestaltet Croisé hier auf dem Cello die dissonanten Intervalle, sodass man das Hupen von Autos herauszuhören meint.
Bernd Wladika