Schumann / Schubert / Tchaikovsky / Pasculli / Lalliet / Kalliwoda

The Romantic Oboist

Works by Schumann, Schubert, Tchaikovsky, Pasculli, Lalliet and Kalliwoda

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 12254
erschienen in: das Orchester 03/2013 , Seite 75

Eine träumerische CD mit Oboe und Klavier. Nach seiner letzten Solo-CD mit unbekannteren Barockwerken im Trio-Format (das Orchester 4/11, S. 71) spielte Ramón Ortega Quero Anfang Mai 2012 mit der exzellent aufspielenden und im Hintergrund agierenden Pianistin Kateryna Titova neue Stücke ein. Diese sind beim Leipziger Label Genuin unter dem Titel Der Romantische Oboist erschienen. Im Booklet-Text meldet sich der im Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks tätige Solo-Oboist selbst zu Wort und begründet sein Anliegen. Er wolle “den Hörer durch diese wundervolle künstlerische Zeit in Europa führen – aus meiner Perspektive, der Sicht eines Oboisten“. Dabei hofft er, der Hörer werde die Musik genießen und wie er bereits während der Aufnahmen „im Herzen berührt”.
Dafür wählte er diejenigen Komponisten aus, “die in musikalischer Hinsicht die wichtigsten Länder repräsentieren”, und suchte für Deutschland gleich zwei Werke von Robert Schumann aus: die zur Standardliteratur eines jeden Oboisten gehörenden Drei Romanzen op. 94 und eine Bearbeitung der Drei Fantasiestücke op. 73, die allerdings original für Klarinette komponiert worden sind, für die der Oboenton jedoch ideal sei – trotz kleineren Tonumfangs. Selbstverständlich spielt Quero diese Stücke mit technischer Akkuratesse sowie schön gedecktem Ton und zeigt dabei viel Sinn für romantische Gefühle. Diese insgesamt sechs Piècen nehmen auf der CD allerdings schon mehr als die Hälfte der eingespielten Stücke ein.
Nach einem weiteren Originalwerk für Oboe, dem schwierig zu interpretierenden Charakterstück Morceau de Salon op. 228 von Johann Wenzel Kalliwoda, finden sich lediglich noch Bearbeitungen und Fantasien: Gemeint sind damit musikalische Nettigkeiten, wie sie im 19. Jahrhundert beinahe für jedes Instrument zuhauf geschrieben wurden und die in den Bereich gediegener und anspruchsvoller Salonmusik ohne hohe künstlerische Qualitätsgarantie gehören. Dafür konnte sich der Interpret in unterhaltendem Gewande indes in staunenswerte, virtuose Spielereien bis zum Abwinken ergehen: Dazu zählt die Fantasie über Themen aus Gaëtano Donizezzis Oper “Poliuto” aus der Feder Antonio Pascullis und die Fantasie über Themen von Chopin op. 31 von Casimir-Théophile Lalliet.
Um die süßlich angehauchte Musik des “Regentropfen-Préludes” noch auf den Gipfelpunkt zu treiben, “erlaubte” sich Quero nun endlich auch selbst – “um sich in die Situation eines Oboisten zu jener Zeit” zu versetzen –, zwei bekannte Werke zu transkribieren: die Lenski-Arie aus der Oper Eugen Onegin von Peter Tschaikowsky und das an sich zauberhafte und tiefgründige Impromptu Ges-Dur D 899 Nr. 3 von Franz Schubert, das Quero sinnigerweise nach A-Dur transponierte und dessen nun kitschig gewordene Melodielinie er spielt, die an einen gemütlichen Kahn auf sprudelndem Wasser erinnert. Soviel Oboen-Schmalz ist kaum zu ertragen.

Werner Bodendorff