Antonio Vivaldi

The Magic of the Pan Flute

Vivaldi’s Four Seasons. Andreea Chira (Panflöte), Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, Ltg. Douglas Bostock

Rubrik: CDs
Verlag/Label: cpo
erschienen in: das Orchester 10/2023 , Seite 70

Antonio Vivaldis Quattro stagioni gehören zweifelsohne zu den meistgespielten Werken der Barockmusik. So ist es immer erfrischend, die Stücke in einer neuen Version zu hören, und die Panflöte scheint da nicht die schlechteste Wahl. Denn die Panflöte ist definitiv kein Instrument, das in der barocken Kunstmusik allzu abgenutzt wäre!
Ist die Übertragung auf das neue Instrument, ist die Aufnahme aber auch gelungen? Nun, der Flötenklang verleiht der Musik einen beinahe kindlich-unschuldigen Touch, lässt sie gewissermaßen volksnäher erscheinen. Der Klang in Passagen, wo die Panflöte colla parte agiert, ist oftmals schärfer als in der Version mit Violine, vor allem wo die hochvirtuose rumänische Panflötistin Andreea Chira nach oben oktaviert.
Hinsichtlich der Tonansprache harmoniert die Flöte erstaunlich gut mit den Streichern des Orchesters; hinsichtlich der Intonation bleibt die Frage, ob kleine Unsicherheiten der Physis der Panflöte, ihrem Obertonspektrum zuzuschreiben sind oder technischen Problemen der Spielerin. Aber gut: Das sind Feinheiten, die nur wenige bewusst wahrnehmen dürften.
Was man vermissen mag, ist die Gestaltungsmöglichkeit der Geige für einzelne Töne, denn der Flötenton bleibt relativ statisch. Und in langsameren Sätzen hat man ebenfalls die Geige im Hinterkopf, die eben nicht nach jedem zweiten Ton atmen muss, deren Bogenwechsel sich deutlich dezenter gestalten als die Nachatmung der Flötistin. Im Adagio des Herbstes etwa (con sordino) ist die Flöte zu laut, die Töne wirken vereinzelt, der große Bogen fehlt. Sehr schön gelingen dagegen leichte, virtuose Passagen, wo die Beweglichkeit der Panflöte zum Tragen kommt: Da freut man sich am Schwung und der Musizierlust der Solistin.
Und sicher, das Orchester spielt auf modernen Instrumenten, mit moderner Stimmung und Stimmsystem. Das nimmt der Musik einen Teil ihres Reizes, da Vivaldi die Tonarten der Concerti ja bewusst im Hinblick auf deren unterschiedliche Charaktere im zeitgenössischen Stimmsystem ausgewählt hatte. Nichtsdestotrotz wirkt der Orchesterpart leicht und beweglich, wo gewünscht auch mal massiv.
Dirigent Douglas Bostock legt dabei insgesamt eine konservative, gewissermaßen symphonisch orientierte Einspielung vor, strikt am Notentext, ohne weitere Diminutionen, wenig rhetorisch. Das mag man gut finden oder nicht. Aber: Was er da macht, macht er gut und überzeugend; ebenso wie sein Orchester. Erwähnen muss man allerdings noch den peinlich schlecht redigierten deutschen Booklettext der CD. Spontan denkt man hier an Übersetzungssoftware – bis man erkennt, dass die deutsche Version das Original ist.
Andrea Braun