Penderecki, Krzysztof

Tanz

für Violine solo

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2010
erschienen in: das Orchester 03/2011 , Seite 62

Krzysztof Penderecki muss man eigentlich nicht vorstellen, es hieße wohl Eulen nach Athen, in diesem Falle nach Krakau, zu tragen. Seit einem halben Jahrhundert ist er anerkannt als einer der bedeutendsten und produktivsten Tonschöpfer unserer Zeit, seine Werke sind auf allen wichtigen Bühnen, in allen großen Konzertsälen der Welt zu hören und gehören zum Standardrepertoire der bekanntesten Solisten, Orchester, Kammerensembles. Penderecki ist einer der am häufigsten gespielten Zeitgenossen überhaupt.
Sein Œuvre ist außerordentlich vielfältig: Opern, Oratorien, bislang acht Sinfonien, Instrumentalkonzerte, Kammermusik, Werke für Chor a cappella, Kammermusik, aber auch Tonbandkompositionen zählen dazu. Ungewöhnlich facettenreich auch die Klangsprache, die im Laufe der Jahrzehnte etliche Mutationen und Metamorphosen durchlief. Nach avantgardistisch-experimentellen Anfängen traten verstärkt traditionelle Elemente in den Vordergrund, durchaus unter Einschluss der Tonalität, was ihm zum Teil ätzende Kritik (Lachenmann: „Anführer der tonalen Paarhufer“) sowie manch kategorische verbale Verbannung aus dem Olymp musikalischen Fortschritts eingetragen hat.
„Ich habe Jahrzehnte damit verbracht, neue Klänge zu suchen und zu finden. Gleichzeitig habe ich mich mit Formen, Stilen und Harmonien der Vergangenheit auseinandergesetzt. Beiden Prinzipien bin ich treu geblieben… Mein derzeitiges Schaffen ist eine Synthese.“ So beschreibt der Komponist seine Position und antwortete auf Vorhaltungen, bereits mit der Lukas-Passion seinen avantgardistischen Anspruch aufgekündigt zu haben: „Es ist mir egal, wie man die Lukas-Passion bezeichnet, ob nun als traditionell oder avantgardistisch. Für mich ist sie einfach authentisch. Und das muss genügen.“ Zentral bleibt sein Anliegen, den Zuhörer direkt zu erreichen, emotionell und expressiv, ohne jeden ideologischen Überbau.
Die Violine hat der Meister – er spielt selbst Geige – bisher mit zwei Violinkonzerten, einem Capriccio mit Orchester, zwei Violinsonaten, den frühen Miniatures und zuletzt 2008 mit einem Capriccio für Sologeige recht großzügig bedacht. Neu ist jetzt ein kurzer Tanz für Sologeige, gerade zwei Minuten lang, ein Musikstück, das sich gezielt an Kinder wendet, eine Miniatur didaktischer Art. Geschrieben hat sie Penderecki für die kleine Janine Riepl, die das Stückchen im Rahmen des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ im Februar 2010 uraufgeführt hat.
Ein hübsches Tänzchen ist diese Federübung des großen Komponisten, nett und lebendig, wirkungsvoll, mit einem Anflug von Virtuosität (ein paar Doppelgriffe, Pizzicato mit links!), aber einfach zu spielen (nur 1. und 3. Lage, ein paar Gegenakzente). Ich denke, die Kinder werden ihren Spaß damit haben, und die Lehrer werden sich über ein effektives, in Vorspielen und Wettbewerben gut einsetzbares Stückchen freuen.
Herwig Zack