Boettger, Andreas
taataa! Rhythmus lesen und hören
Lehrbuch zur rhythmischen Gehörbildung mit 444 Übungen
Wer jemals zufällig auf die Internetseite www.taataa.net geraten sollte, der wird sich sehr wundern, wähnt sich womöglich in einem dadaistischen Theaterstück. Meist jüngere Menschen mit Knopf im Ohr dirigieren dort nach Metronom vor sich hin und verbalisieren dabei unterschiedlichste Rhythmen auf einem Ton: ta ta taaa tatatataaa taa
Dieser Internetauftritt mit seinen insgesamt 444 Übungen ist der virtuelle Teil einer neu erschienenen Rhythmusschule von Andreas Boettger, seines Zeichens Schlagzeugprofessor und Lehrer für rhythmische Gehörbildung an der Musikhochschule in Hannover. Das zu den kurzen Filmen gehörende Buch, in dem der Autor seine langjährige pädagogische Erfahrung in der Rhythmusschulung zusammenfasst, erläutert das im Internet (oder auf dem Smartphone) Gesehene, liefert die theoretischen Hintergründe dazu und bietet die entsprechenden Notationen.
Da die Musiktheorie in der Regel ihren Schwerpunkt auf die Parameter Melodie und Harmonie legt und auch im Bereich der Gehörbildung die Intervalle und Akkorde im Mittelpunkt stehen, gerät der Rhythmus in der musikpädagogischen Arbeit leicht ins Abseits. Er wird viel zu selten grundlegend gelehrt, vieles an ihm bleibt im Vagen und Ungefähren. Triole kann ich nicht, heißt es dann schnell und: Von Quintolen wird mir schlecht. Eine Schneise in diese oft unbekannte und mitunter als feindlich empfundene Welt der Rhythmen schlägt Andreas Boettger mit seinem neuen, multimedial präsentierten Schulwerk.
Meines Wissens liegt hiermit erstmals eine Veröffentlichung vor, die sich systematisch und fundiert in die rhythmische Gehörbildung einarbeitet und selbst für komplexeste rhythmische Phänomene problemlösende Strategien bietet. Die vorgeschlagenen Übungen können sowohl als Gehörbildungsaufgaben als auch als praktische Etüden bearbeitet werden. Man nähert sich den rhythmischen Problemen dabei nicht allein auf rein mathematischer Ebene, sondern selbst komplizierte Zeitüberlagerungen werden durch Grafiken und Körperbezüge sinnlich wahrnehm- und nachvollziehbar gemacht. Das Prinzip dabei ist, dass Dirigierbewegungen ein Taktraster über einem in der Körpermotorik präsenten Grundpuls bilden, in das die Rhythmen eingefügt werden.
Adressaten von taataa! sind Musikstudierende, Musiker und Musikpädagogen, aufgrund des letztlich doch sehr hohen Abstraktionsgrades ist ein Einsatz als Regelschulwerk in der Musikschule sicher nur in Ausnahmen zu empfehlen. Für die dortigen Theorie- und Gehörbildungslehrer
ist taataa! aber unbedingt eine Empfehlung. Sie können Boettgers Konzept bestens in den Unterricht der studienvorbereitenden Kurse integrieren. Verzahnt mit den üblichen Lehrinhalten wirken die Rhythmusübungen dort auflockernd und bereichernd, nebenbei werden die Grundlagen des Dirigierens gelehrt. Triole kann ich nicht, dies wird künftig als Ausrede nicht mehr akzeptiert!
Stephan Froleyks