Dvorák, Antonín

Symphony No. 9 “From the new world” / Cello Concerto

Rubrik: CDs
Verlag/Label: EMI Classics 509999 9 14102 2 1
erschienen in: das Orchester 03/2013 , Seite 73

Zwei berühmte und wichtige Werke des großen tschechi­schen Komponisten auf einer neuen Doppel-CD: zwei von Dvoráks vielen Mitbringseln aus Amerika. Eines davon ist gleichzeitig sein sinfonisches Vermächtnis – die 9. Sinfonie d-Moll op. 95 mit dem Beinamen “Aus der Neuen Welt”. Das andere Souvenir ist sein großartiges Violoncello-Konzert h-Moll op. 104, ohne das die nicht sehr umfangreiche Cellokonzert-Literatur der musikalischen Romantik wesentlich ärmer wäre.
Aber berühmte Werke bergen gleich mehrere große Nachteile. Eben weil sie durch ihre Großartigkeit berühmt geworden sind, gibt es wohl beinahe kein größeres Orchester, das sie nicht schon mindestens ein Mal eingespielt hat. Das hat zur Folge, dass der begeisterte Klassikliebhaber oder auch der kritische Hörer sie sehr gut kennt, weil er sicherlich mehr als eine Interpretation zu Hause als Schallplatte oder CD stehen oder liegen hat.
Warum also sich eine neue CD zulegen, wenn man einerseits insbesondere diese Sinfonie mit Spitzenorchestern und das Cellokonzert mit Weltklasse-Interpreten wie beispielsweise Fournier, du Pré oder Rostropowitsch bereits sein eigen nennt? Andererseits wächst eine neue Generation nach, die neue Aufnahmen mit jungen Künstlern eher rezipieren möchte als die alten Namen.
Für die beiden Aufnahmen sprechen die hautnahe Unmittelbarkeit und eigentlich unwiederholbare Lebendigkeit eines sogenannten “Live”-Mitschnitts in Konzerthaus-Atmosphäre mit allen zum Teil allerdings ablenkenden Geräuschen, allen voran das zu laute Atmen des Dirigenten.
Die Sinfonie selbst klingt beim ersten Hören nicht schlecht, ist handwerklich wie künstlerisch nicht nur solide, sondern bis auf einige Wackler vorbildlich ausgearbeitet. Lediglich der Beginn mit der Pauke wirkt vielleicht etwas zu knallig. Außerdem wirkt das Werk durch die Nähe der Holzbläser, insbesondere im herrlich geblasenen Adagio mit dem Englischhorn, sehr plastisch. Die Tempi sind ruhig und nicht überzogen, das Klangbild ist schlank, aber überzeugend. Antonio Pappano und das italienische Akademie-Orchester bleiben auf hohem Niveau, wenn auch insgesamt der ganz große Biss fehlt und manches brav bleibt.
Das Cellokonzert gewinnt ebenso durch seine großflächige Ruhe und durch die sehr gut ausgeführten dynamischen Spannungsbögen. Es wird mehr Wert auf tief atmenden Klang mit Blick auf großen Bogenstrich gelegt, als hier allzu virtuos daherkommen zu wollen. Die Interpretation wirkt in ihrer Gleichförmigkeit und der unspektakulären Einfachheit ehrlich nachempfunden, der vorwärtsdrängende Impetus, mit denen andere Cellisten das Konzert interpretieren, kommt hier bei Mario Brunello indes nicht durchgehend zum Tragen. Die Orchester-Ritornelle wirken, neben dem sahnigen und zeitweise brillant aufspielenden Streicherapparat, insbesondere in den Bläsern wiederum sehr transparent, was beide Werke zum Erlebnis werden lässt.

Werner Bodendorff