Beethoven, Ludwig van

Symphony No. 7 & 8

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Sony Classical 88765469372
erschienen in: das Orchester 05/2014 , Seite 75

Die Gesamtaufnahme der neun Sinfonien Ludwig van Beethovens mit dem Kammerorchester Basel unter Giovanni Antonini ist fast fertig. Nach der Neuerscheinung der Sinfonien Nr. 7 und 8 fehlt jetzt nur noch die Neunte. Dass diesem Zyklus im Rahmen der Beethoven-Aufnahmen
in historisch informierter Aufführungspraxis eine besondere Bedeutung zukommt, steht schon jetzt fest. Dabei ist ja an Einspielungen der Sinfonien Beethovens im „alten Stil“, ob mit oder ohne alte Instrumente, längst kein Mangel mehr.
Was Antoninis Wiedergaben in diesem Zusammenhang besonders auszeichnet, ist ihre Prägnanz im Klang und ihre Konsequenz in der Diktion. Und natürlich wird diese Aufnahme der Sinfonien geprägt durch die exorbitante technische Meisterschaft des Baseler Kammerorchesters, das zu den virtuosesten und brillantesten Ensembles für die Musik des 18. und frühen 19. Jahrhunderts gehört. Antonini wiederum gewann Renommee nicht zuletzt als Leiter des Ensembles Il Giardino Armonico, das durch sein Spiel Aufsehen erregt hat.
An den extrem akzentreichen und pointierten Klang dieser Gruppierung erinnert auch der Ton dieses Beethoven, der von aller traditionellen großorchestralen Pracht in gleichsam spätromantischer Manier denkbar weit entfernt ist. Stattdessen ist der Klang sehr schlank, erscheint der sinfonische Satz überaus linear und immer durchhörbar. Alle Stimmen wirken gleichberechtig am Aufbau der Struktur mit, der Ausgleich von schlank geführten Streichern und ebenfalls glasklar agierenden Bläsern ist optimal.
Es ist ein hochgradig beredter und zugleich sehr analytischer Beethoven. Die musikalischen Charaktere verdanken ihre Deutlichkeit der rigorosen und überaus detailgenauen Ausarbeitung des Notentextes. Die Differenzierung im Bereich Artikulation, Phrasierung und Binnendynamik ist nichts weniger als kongenial. Der Ton ist ebenso leichtfüßig, ja beschwingt, wie stringent und bewegend dramatisch. So gewinnen die Siebte und Achte eine immense Intensität und Spannung. Nicht minder groß sind die spürbare Spiellust von Dirigent und Orchester sowie die Freude am vibrierenden Musizieren und dem Ausspielen der sinfonischen Entwicklungen und der Überraschungsmomente. Das Spiel des Baseler Kammerorchesters ist dabei immer außerordentlich rhythmisch und impulsiv. Die Radikalität dieser Musik, ihr freiheitskämpferisches Feuer und ihr Elan bei der Siebten und – im Fall der Achten – ihr hintersinniger Humor, ja vor allem auch ihre Widerborstigkeit werden auf geradezu physisch greifbare Weise verlebendigt.
Dass in puncto Zeitgestaltung Giovanni Antonini Beethovens Metronomvorgaben folgt, versteht sich. Im Fall des Finales der Achten verlangen diese ein extrem schnelles Tempo, das mit „herkömmlichen“ Sinfonie-
orchestern kaum machbar scheint. Hier zeigt ein Eliteensemble, was möglich ist.
Karl Georg Berg