Gustav Mahler

Symphony No. 5 in C-sharp minor

Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Ltg. Gary Bertini

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: SWR music
erschienen in: das Orchester 7-8/2025 , Seite 76

Einen Live-Mitschnitt aus der Stuttgarter Liederhalle vom März 1981 stellt die vorliegende Aufnahme von Mahlers 5. Symphonie dar, die jetzt von dem Label SWR music auf CD herausgebracht wurde. Um es vorwegzunehmen: Diese famose Einspielung stellt einen wahren Glücksfall dar. Hier handelt es sich um einen der besten Beiträge zur CD-Rezeptionsgeschichte dieses imposanten Werks. Was Dirigent Gary Bertini und das trefflich disponierte Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR hier bieten, ist grandios.
„Niemand kapiert sie“, schrieb Gustav Mahler deprimiert nach einer Hamburger Aufführung über seine 5. Symphonie. Das kann man von Bertini nun wirklich nicht sagen. Seine Herangehensweise an Mahlers Werk ist von einem großen Verständnis der Partitur geprägt. In hervorragender Art und Weise lotet er die musikalischen Strukturen aus und betont aufs Beste die Anklänge an Des Knaben Wunderhorn und die Kindertotenlieder. Dabei erweist er nachhaltig dem Stil älterer Mahler-Dirigenten seine aufrichtige Reverenz. Obwohl er hier durchaus auch mal mit kammermusikalischen Passagen aufwartet, ist seine Interpretation von Mahlers 5. Symphonie nicht unfrei von traditionellem Pathos. Das tut der Musik gut.
Bereits der einleitende Trauermarsch atmet unter Bertinis versierter musikalischer Leitung große Prägnanz. Die Einleitung zur ersten Abteilung klingt bei ihm ziemlich wuchtig. Bei dem anschließenden Hauptsatz dieser Abteilung nimmt Bertini Mahlers Anweisung „Stürmisch bewegt. Mit größter Vehemenz“ ernst und lotet die Musik mit stürmischem Aplomb und enormer Fulminanz äußerst rasant aus. Das geht ganz schön unter die Haut. Dynamisch sehr differenziert präsentiert Bertini das Adagio. Hier wird auf eindrucksvolle Art und Weise der Spagat zwischen kraftvollen und starken Akkorden bis hin zu leise verhallenden Pianissimo-Stellen gezogen. Von großer Ausdruckskraft ist ferner der Beginn der dritten Abteilung. Das von Dirigent und Orchester sehr elegant und mit großem Einfühlungsvermögen dargebotene Adagietto dürfte Filmliebhabern aus Luchino Viscontis berühmter Thomas-Mann-Verfilmung der Novelle Der Tod in Venedig bekannt sein. Hier erklingt es sehr direkt und gänzlich frei von Kitsch, was gut tut. Statt mit dem Orchester vorwärts zu drängen, legt Bertini ihm Zügel an. Auch bei dem Finale meidet der Dirigent das Extreme und legt eine mehr ausgewogene Deutung des Rondos an den Tag. Das gilt insbesondere für den von den Bläsern sehr elegant dargebotenen Choral.
Darüber hinaus wartet Bertini in allen Abteilungen mit einer gelungenen Detailarbeit auf. Viele Einzelheiten werden hörbar. Insgesamt haben wir es hier mit einer vollauf gelungenen Aufnahme zu tun, deren Anschaffung sehr zu empfehlen ist.
Ludwig Steinbach

 

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