Ludwig van Beethoven

Symphony No 5

MusicAeterna, Ltg. Teodor Currentzis

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Sony
erschienen in: das Orchester 12/2020 , Seite 69

An Neuerscheinungen im Beethoven-Jahr herrschte wahrlich kein Mangel, und die Fünfte, seine Symphonie in c-Moll op. 67, zählt nicht gerade zu den Raritäten im Repertoire-Alltag. Dennoch: Diese Veröffentlichung von Teodor Currentzis und seinem Orchester MusicAeterna ist eine Offenbarung.
Currentzis gründete das Ensemble 2004 in Nowosibirsk; von 2011 bis 2019 war es das Hausorchester der Oper in Perm. Danach verselbstständigte es sich, nun unabhängig und privat finanziert, mit Sitz in St. Petersburg. Mittlerweile ist es mit seinem griechisch-russischen Dirigenten weltweit unterwegs und Gast bei vielen Festivals. MusicAeterna zählt zu den Orchestern, die sich an historisch informierter Aufführungspraxis orientieren.
Unter dem Dirigenten Teodor Currentzis, dem der Ruf eines Enfant terrible in der Klassikszene anhaftet, hat sich das Ensemble in die vorderste Reihe der Spezialisten-Ensembles für Originalklang gespielt. Currentzis gilt als Genauigkeitsfanatiker. Dass ihm das Label Sony fünf Aufnahmetage im Wiener Konzerthaus zugestanden hat – für eine halbe Stunde Musik! –, spricht für sich.
Seine Einspielung der Symphonie Nr. 5 von Beethoven nimmt Abschied von philharmonischem Wohlklang und Breitwand-Sound: Die Tempi orientieren sich an den Metronomangaben des Komponisten, Artikulation und Phrasierung werden akribisch befolgt. Der Dirigent verzichtet konsequent auf Rubati und romantische Einsprengsel, bietet Beethovens Notentext pur und berücksichtigt penibel alle Spielanweisungen, ohne Korrekturen oder Glättungen.
So verläuft der erste Satz zügig, nimmt der zweite das con moto in der Tempobezeichnung „Andante con moto“ ernst. Ein gespenstisch anhebender dritter Satz leitet mit einer grandiosen Steigerung in das Finale über, das energiegeladen, mit einer geradezu gnadenlos präsenten Pauke beginnt.
Das Orchester spielt scharf akzentuiert, glasklar, aber immer kultiviert. Gelegentlich überrascht Currentzis allerdings mit dynamischen Schattierungen: So nimmt er beispielsweise den Schluss des ersten Satzes zurück, lässt die Rest-Takte crescendieren – ein Effekt, der einem den Atem anhalten lässt.
Der Gesamtklang ist entschlackt, fast trocken, wobei die exzellenten Bläser herausstechen: Sie hat die Tontechnik besonders transparent eingefangen. Verblüfft hört man hier Passagen, die einem völlig neu und „unerhört“ vorkommen.’
Eine wirklich lohnenswerte Neuveröffentlichung, mit einem informativen Beiheft, in dem man aber neben den Texten zur Symphonie und den Musikernamen auch eine kurze Info über das Orchester hätte beigeben können.
Wolfgang Birtel