Mahler, Gustav

Symphony No. 5

WDR Sinfonieorchester Köln, Ltg. Jukka-Pekka Saraste

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Profil / Edition Günter Hänssler PH14045
erschienen in: das Orchester 04/2015 , Seite 80

An sich ist kein Mangel an vorzüglichen Einspielungen von Mahlers Fünfter – allein schon wegen des zauberhaften Adagietto, das bekanntlich für den klingende Rahmen der Visconti-Verfilmung Tod in Venedig von Thomas Mann herhalten musste und eine Liebeserklärung an Mahlers Frau Alma gewesen sein soll.
Des ungeachtet brachte das WDR Sinfonieorchester Köln unter der Leitung seines Chefdirigenten Jukka-Pekka Saraste eine Neueinspielung von Mahlers Instrumentalsinfonie heraus, die ihn beinahe bis zu seinem Lebensende beschäftigt hatte. Köln hat zu dieser Sinfonie einen besonderen Bezug: Sie ist dort am 18. Oktober 1904 uraufgeführt worden. So ein Ereignis verpflichtet selbstverständlich. Seltsam nur, dass das Booklet darüber kein Wort verliert und der Verfasser die Bezugsquellen nicht erwähnt. Im März 1904 hatte Mahler in Köln schon seine abendfüllende Dritte aufgeführt. Und so schreibt er noch am Tage der Uraufführung seiner Frau enthusiastisch: „Gestern Generalprobe sehr gut ausgefallen! Aufführung ausgezeichnet! Publikum riesig gespannt und aufmerksam – trotz aller Befremdung in den ersten Sätzen! Nach dem Scherzo sogar einige Zischer.“ Der Dirigent Bruno Walter, der die Uraufführung miterlebte, schien aber nicht ganz zufrieden, weil die Instrumentation „das komplizierte kontrapunktische Gewebe der Stimmen nicht zur Klarheit“ brachte. Ein Urteil, welches bei der vorliegenden Aufnahme vom 14. und 15. Juni 2013 keine Rolle spielen sollte.
Da nun das Adagietto zu den bekanntesten Sätzen Mahlers gehört, ist der Hörer geneigt, hier genau hinzuhören, wie Saraste insbesondere diesen musikalisch dichten Streichersatz mit Harfe wohl interpretiert, und zu vergleichen, wie behutsam er die mit „Sehr langsam“ überschriebene Liebeserklärung dirigieren wird. Bezüglich des Tempos kommt Saraste mit einer Zeitdauer von 9’44” beispielsweise nicht an die meditativ klingende Interpretation eines Karajan heran. Trotzdem kommen die getupften Harfenklänge erwartungsgemäß zart über dem flauschig-warmen Streicherteppich daher, entsteht erhaben die wagnernahe Klangkulisse. Jedoch wirkt dieser herrliche Satz bei allem Bemühen um eine schöne Interpretation aufgrund der Aufnahmetechnik merkwürdig dumpf und obertonarm, klingt wie durch Watte. Auch bei den Gegenproben mit anderen Abspielgeräten das gleiche Hörbild – eigentlich schade. Wollte man hier vielleicht den Satz wie aus der Ferne – jenseitig?, gar metaphysisch? – erklingen lassen?
Die übrigen Sätze sind klarer, doch letztendlich auch unbefriedigend. Indes trifft Jukka-Pekka Saraste und seine Musikerinnen und Musiker keine Schuld: Man hört die unbändige Spielfreude, den festen Willen, das Werk mit seinen komplizierten kontrapunktischen Verästelungen, von denen Bruno Walter sprach, bestens herauszuarbeiten und vernimmt nicht zuletzt ihr hehres Bemühen, die üppige Instrumentation Mahlers transparent und schlank abzustimmen.
Werner Bodendorff