Mahler, Gustav

Symphony No 5

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: Accentus Music ACC 20284
erschienen in: das Orchester 12/2014 , Seite 81

Als Gewandhauskapellmeister ist es Riccardo Chailly ein großes Anliegen, die Mahler-Tradition in Leipzig lebendig zu halten. Sein Vorgänger Bruno Walter, einst Assistent des Komponisten, hatte vor seiner Emigration 1933 Interpretationsmaßstäbe gesetzt, die bis heute gültig sind. Danach wurden die Werke Gustav Mahlers in der Stadt seltener aufgeführt. Mit der Einspielung der fünften Sinfonie cis-Moll für das Label Accentus hat Chailly seinen Mahler-Zyklus mit dem Orchester fortgesetzt, nachdem bereits die zweite, achte, vierte und sechste Sinfonie auf DVD erschienen sind.
Unter Leitung des Mailänder Dirigenten entfaltet sich ein schlanker, hervorragend ausbalancierter Klang, der selbst in den düsteren Teilen der Sinfonie seine Leichtigkeit behält. Auf die Solo-Trompetenfanfare zu Beginn des „Trauermarsches“ folgen die sehr klangschön intonierenden Bläser und die Streicher, die lyrische Kantabilität zum Ausdruck bringen. Selbst der Schmerz, den Mahler in diesen Satz legt, erhält durch einen derart farbigen Klang etwas Tröstliches. Das Gewandhausorchester musiziert auf beachtlichem Niveau, wozu nicht zuletzt erfahrene Solisten wie der Trompeter Lukas Beno oder der Hornist Bernhard Krug beitragen. Im „Scherzo“ legt Chailly komplexe Strukturen frei und führt das Orchester von Ländlerrhythmen über skurrile Einschübe, Walzermelodien und Streicher-Pizzicati zum Fortissimo-Ausbruch. Von besonderer Eindringlichkeit ist das nur von Harfe und Streichern vorgetragene lyrische „Adagietto“, das als Liebeserklärung an Mahlers Frau Alma in der Vorstellung von Chailly „ähnlich wie Wasser oszillieren“ soll, bevor die Sinfonie im „Rondo-Finale“ heiter und übermütig ausklingt.
Neben Bruno Walter, der dem Komponisten bei allen Proben vor der Uraufführung der Fünften 1904 in Köln assistierte, hat auch Willem Mengelberg, als langjähriger Chefdirigent des Koninklijk Concertgebouworkest in Amsterdam einer der wichtigsten Mahler-Förderer, entscheidenden Einfluss auf Chailly genommen. Wie dieser in einem auf der DVD enthaltenen Bonusvideo erklärt, sollte etwa das „Adagietto“ in einem flüssigen Tempo gespielt werden. In einer Aufnahme von Mengelberg sei es sieben Minuten und bei Walter siebeneinhalb Minuten lang – und somit deutlich kürzer als bei späteren Interpretationen anderer Dirigenten. In der aktuellen Version von Chailly ist das „Adagietto“ mit 8 Minuten 39 Sekunden zwar länger bei seinen historischen Vorbildern, aber immer noch deutlich kürzer als bei einer seiner eigenen früheren Einspielungen mit dem Concertgebouworkest.
Die fünfte Sinfonie mit dem Gewandhausorchester ist ein weiterer gelungener Baustein des Leipziger Mahler-Zyklus.
Corina Kolbe