Schmidt, Franz
Symphony No. 4/Intermezzo aus “Notre Dame”
Vom umfangreichen Schaffen des österreichischen Komponisten Franz Schmidt ist im Konzertleben mit Ausnahme seiner 4. Sinfonie und des Oratoriums Das Buch mit den sieben Siegeln kaum mehr etwas präsent. Von seiner einstigen Erfolgsoper Notre Dame wird nur das Intermezzo häufig in Wunschkonzerten noch gespielt. Etwas besser sieht es bei CD-Einspielungen aus. Hier sind neben den angesprochenen Kompositionen doch immerhin seine anderen drei Sinfonien, weitere Orchesterwerke ebenso wie Orgelwerke, Kammermusik oder seine konzertanten Klavierwerke für die linke Hand und Orchester, teilweise auch in Konkurrenzeinspielungen, zu finden.
Franz Schmidt, 1874 in Pressburg geboren, wurde früh gefördert, studierte anfänglich bei Theodor Leschetizky (mit dem er sich bald überwarf) Klavier, bevor er das Cellostudium bei Ferdinand Hellmesberger und das der Komposition bei Robert Fuchs aufnahm, das er 1896 erfolgreich abschloss. Bis 1914 spielt der hervorragende Cellist bei den Wiener Philharmonikern bzw. im Hofopernorchester. Offiziell erster Cellist, wie häufig zu lesen, war Schmidt indes nicht, Intrigen und Widerstände im Orchester standen dem entgegen. Auch Gustav Mahlers Haltung zu dem begabten Cellisten, der zugleich schon als Komponist hervorgetreten war, war ambivalent. Schmidt entwickelte zudem als Pädagoge eine beachtliche Reputation, von 1927 bis 1931 war er beispielsweise Rektor der Wiener Musikakademie.
Seine 4. Sinfonie bezeichnete Schmidt als Requiem für seine Tochter: Emma war 1932 bei Geburt ihres ersten Kindes gestorben. Die 1934 uraufgeführte, rund 50-minütige Sinfonie, die der Komponist als seine wahrste und innerlichste bezeichnete, ist an der Spätromantik orientiert. Die vier Sätze gehen pausenlos ineinander über. Das einleitende Trompetenthema dient als Motto, das das Werk durchzieht und am Ende prägnant wieder auftaucht. Das C-Dur der Vierten hat nie eine Chance zu strahlender mozartianischer Helligkeit. Dem Requiem-Charakter des Werks entsprechend dominieren die dunklen Farben, ein expressiv aufgeladener Trauerton, der sich besonders im emotional aufgeladenen Cello-Solo, dem Instrument des Komponisten, Raum bricht.
Stefan Blunier hat mit seinem Beethoven Orchester Bonn nun eine sehr überzeugende Liveaufnahme des Werks vorgelegt. Blunier dosiert mit seinem ausgewogen und differenziert musizierenden Ensemble das Pathos genau, setzt auf Transparenz und Durchhörbarkeit, nicht auf eine diffuse Klangwolke. So entwickeln die Bonner einen von Pianokultur geprägten Spannungsbogen, der den Hörer in seinen Bann zieht, wobei die prägnanten Soli (Trompete und Cello) sich besonders auszeichnen können. Im Vergleich dazu agiert Yakov Kreizberg mit seinem soliden Netherlands Philharmonic Orchestra Amsterdam (Pentatone SACD PTC5186015, über Codaex), der sich schon häufig des Werks im Konzertsaal angenommen hat, eine Spur vordergründiger. Blunier gelingt es, die Feinheiten der Musik herauszuarbeiten, ohne den großen Bogen zu vernachlässigen. Eine auch aufnahmetechnisch mehr als gelungene Aufnahme.
Walter Schneckenburger