Wolfgang Amadeus Mozart

Symphonies No. 35 in D major „Haffner“/No. 40 in G minor/ No. 36 in C major „Linz“

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Ltg. Tarmo Peltokoski

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Deutsche Grammophon
erschienen in: das Orchester 2/2025 , Seite 71

In Finnland gibt es einen legendären Dirigierlehrer, den 1930 geborenen Jorma Panula. Zu seinen Schülern zählen viele inzwischen bekannte Dirigenten wie Osmo Vänskä, Jukka-Pekka Saraste, Esa-Pekka Salonen, Ari Rasilainen, Sakari Oramo, Markus Poschner, Hannu Lintu, Mikko Franck und Klaus Mäkelä. Der jüngste herausragende Spross dieser illustren Reihe heißt Tarmo Peltokoski, geboren im Jahr 2000. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen schuf eigens für ihn ihren Posten eines Ersten Gastdirigenten. Jetzt haben die Bremer unter Peltokoski als ihr Debüt bei einem Edel-Label drei der großen Sinfonien von Wolfgang Amadeus Mozart eingespielt. Das ist also sehr gängiges Repertoire – aber voller Fallstricke.
Es handelt sich dabei um die Sinfonien Nr. 35 D-Dur „Haffner“ KV 385, Nr. 40 g-Moll KV 550 und Nr. 36 C-Dur „Linzer“ KV 425 – in dieser nicht chronologischen, sondern dramaturgischen Reihenfolge. Pauken und Trompeten gibt es nur in der ersten und der letzten dieser drei, Klarinetten und besonders viel Kontrapunkt nur in der mittleren. Tarmo Peltokoski sorgt hier für sehr disziplinierte und zugleich rasante Aufführungen, die manchmal fast atemlos wirken, trotz in der Regel ausreichender Zäsuren. Das ist erfreulich, weil man hier umgehend zur Mozart-Sache kommt und vor allem, weil dieses Orchester dem fordernden Dirigenten kompromisslos folgt, ebenso spieltechnisch perfekt wie meist klangschön und fast immer sowohl schlackenlos als auch kraftvoll. Das wirkt schlicht und einfach bewundernswert!
Schade nur, dass die Einspielung vielen Regeln der damaligen Aufführungspraxis eher oberflächlich folgt, etwa bei der Verzierung von Wiederholungen, sofern diese überhaupt gespielt werden (in der „Haffner“-Sinfonie hatte der Komponist bekanntlich die Wiederholung der Exposition des Kopfsatzes eigenhändig gestrichen). Leider fehlt auch nicht der eine oder andere Manierismus, damit muss man bei der Panula-Schule wohl immer mal rechnen. Das Ende von manchen Phrasen zu betonen, erscheint schon ziemlich bedenklich. Auch sollte ein lebendiges Sforzato piano nicht nur als plattes Sforzato zu hören sein. Aber jenseits von Details wird ein so junger und so ehrgeiziger Dirigent sicherlich noch zu einer etwas entspannteren Differenzierung gelangen – im Konzert (zum Beispiel beim diesjährigen Klavier-Festival Ruhr) gelang ihm dies bereits auch und gerade mit diesem Orchester und mit Mozart.
Ingo Hoddick