Ludwig van Beethoven
Symphonies 5/6
Kammerakademie Potsdam, Ltg. Antonello Manacorda
Ludwig van Beethovens neun Sinfonien sind das Kernrepertoire eines jeden Sinfonieorchesters und liegen entsprechend in wohl kaum mehr zu beziffernden Einspielungen vor, einzeln sowieso, aber auch in Gesamtaufnahmen. Mittlerweile lassen sich diese wohl in drei oder vier Gruppen einteilen: Die erste betrifft Interpretationen großer Orchester, einmal im Sinne der Aufführungstradition, ein anderes Mal die Erkenntnisse der historisch informierten Aufführungspraxis aufgreifend. Die zweite Gruppe ist die mit Originalklangensembles, die natürlich im „alten Stil“ spielen. Längst aber setzt auch eine dritte Gruppe Zeichen, jene von hochmotivierten Kammerorchestern in einer vergleichsweise kleinen Besetzung (die freilich der der Beethoven-Zeit nahekommt), die auf modernen Instrumenten spielen, aber in der Regel historisch informiert. In diesem Bereich gibt es schon viele erstklassige Zyklen – und ein neuer ist im Entstehen.
Die Rede ist von der Aufnahme der Beethoven-Sinfonien mit der Kammerakademie Potsdam und ihrem Chefdirigenten Antonello Manacorda, aufgenommen live bei Konzerten im Pierre-Boulez-Saal in Berlin. Antonello Manacorda ist Geiger und Dirigent und war unter anderem Konzertmeister im Mahler Chamber Orchestra, dem – neben dem Chamber Orchestra of Europe – „Urbild“ jener neuen Kammerorchester, die neben spielerischer Brillanz vor allem durch ihre Flexibilität und Energie ausgezeichnet sind.
Das belegt auch der Beethoven der Kammerakademie Potsdam. Das Ensemble spielt glasklar im Ton und mit einer optimalen Balance zwischen Streichern und Bläsern. Dadurch werden nicht selten Stimmen deutlich, die oft im großen Klang untergehen. Klarheit auch im Sinne einer konsequenten Verdeutlichung des instrumentalen Verlaufs ist eine große Tugend der Aufnahme. Spannungsgeladene Dynamik ist eine andere. Bei Antonello Manacorda gibt es hier keine unbelichtete Stelle, das Musizieren hat einen unwiderstehlichen Zug. Das macht natürlich besonders in der fünften Sinfonie große Wirkung, die ganz ohne Bombast, dafür mit vibrierender Dramatik erklingt.
Doch auch die Pastorale lebt und blüht von Beginn an. Auch hier fasziniert die Vielfalt an instrumentalen Farben, die feine Schattierung der Lautstärkegrade und die Räumlichkeit des Klangs. Die Art und Weise, wie Manacorda und sein Orchester hier die Klangflächen innerlich auffächern, ist sagenhaft. Das gibt der Wiedergabe auch jene spirituelle Dimension, die bei dem Werk nicht nur im fünften Satz so wesentlich ist.
Interessant an der CD ist auch der Text im Booklet von Anselm Cybinski, der Fünfte und Sechste gegenüberstellt und vor allem den Dirigenten mit Anmerkungen zu seiner Interpretation zu Wort kommen lässt.
Karl Georg Berg