Brahms, Johannes
Symphonies 3 & 4
Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt, Ltg. Howard Griffiths
Mit der vorliegenden Aufnahme komplettieren die Brandenburger Musiker ihre Gesamteinspielung der vier Symphonien von Brahms. Und, um es gleich vorwegzunehmen: Sie halten nicht nur das Niveau, das sie mit den Symphonien 1 und 2 vorgegeben haben, sie steigern es sogar noch ein echter Geheimtipp!
Grundsätzlich gelten die gleichen Beobachtungen, die schon anlässlich der vorangehenden Einspielung gemacht wurden: Das Frankfurter Staatsorchester ist ein auf allen Positionen hochwertig und ausgeglichen besetztes Ensemble mit 86 Musikern. Sie musizieren intonationssicher und klangschön und mit spürbarem Engagement, angeleitet von einem offensichtlich inspirierenden Dirigenten. Howard Griffiths Brahms-Deutung überzeugt durch ihr jederzeit durchhörbares Klangprofil, durch entschlossenen Zugriff auf jeden einzelnen Satzcharakter und immer wieder durch äußerst scharf konturierte Rhythmik, etwa im Finale der Dritten oder im scherzoartigen dritten Satz der Vierten. Gerade dieses prägnante rhythmische Profil bekommt der Musik von Brahms sehr gut, zumal es überhaupt nicht auf Kosten klanglicher Subtilität geht.
Die heiklen Hornsoli gelingen makellos und frei von jeder (hörbaren) Nervosität. Bemerkenswert sind wiederum die solistischen Holzbläser, die ungemein präsent spielen, jedoch ohne jede vordergründige Aufdringlichkeit. Und besonders hervorheben muss man die unterschiedlichen Registerkombinationen mehrerer Holzblasinstrumente, die ihre jeweiligen Parallelpassagen so intonationssicher und organisch präsentieren, als sei das die natürlichste Sache der Welt.
Die Tempi, die Griffiths anschlägt, vermögen durchweg zu überzeugen. Sie sind überwiegend eher fließend, ohne jemals gehetzt oder nervös zu wirken. Ganz besonders trifft das auf die beiden ersten Sätze der Vierten zu, deren Kopfsatz erstaunlich leichtfüßig, jedoch ohne jede Unruhe daherkommt; dazu trägt nicht zuletzt die so entspannte Phrasierung des Hauptthemas mit seinen jeweils leicht verkürzten halben Schwerpunktnoten bei. Und auch das folgende Andante moderato strömt gelassen, jedoch ohne die ihm häufig anhaftende pathetische Wucht ein wirkliches Andante. Dieser Ansatz bekommt den oft so mächtig auftrumpfenden Brahms-Symphonien bestens eine überzeugende Alternative zu wesentlich prominenter besetzten Aufzeichnungen.
Ein weiteres Mal haben wir hier also einen eindrucksvollen Beleg für die Breite und Ausgeglichenheit des orchestralen Niveaus in Deutschland vor uns, auch jenseits der großen Spitzenensembles. Das Brandenburgische Staatsorchester steht hier exemplarisch für die gesamte deutsche Orchesterlandschaft mit ihren nunmehr nur noch 130 Kulturorchestern.
Arnold Werner-Jensen