Michael Haydn

Symphonies 13 & 20/ Notturno No. 1

Deutsche Kammerakademie Neuss, Ltg. Lavard Skou-Larsen

Rubrik: CDs
Verlag/Label: cpo
erschienen in: das Orchester 03/2019 , Seite 64

Die Musik des jüngeren Bruders von Joseph Haydn steht noch immer im Schatten der Musik des Bruders und der von Wolfgang Amadé Mozart, seines Kollegen in Salzburger erzbischöflichen Diensten. Dabei hat Michael Haydn, der in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts das Musikleben in der Stadt an der Salzach wesentlich prägte, ein umfangreiches und anspruchsvolles Werk hinterlassen, dass neben viel Kirchenmusik auch Instrumentalwerke umfasst: Konzerte, Kammermusik und über 40 Sinfonien, also ungefähr so viele wie Mozart.
An Mozarts große Werke der Gattung und Haydns in vielen Fällen so schillernd originelle sinfonische Schöpfungen kommt Michael Haydn mit seinen Sinfonien zwar nicht heran, aber ihre Wirkung verfehlen diese mit sicherer Hand konzipierten und im Charakter frischen und animierenden Stücke nicht. Sie bieten auf jeden Fall eine reizvolle und beachtenswerte Facette der
Instrumentalmusik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Der verdienstvolle Label cpo, dem schon viele Repertoire-Entdeckungen aus allen Epochen zu verdanken sind, hat nun seine Gesamteinspielung der Sinfonien von Michael Haydn mit der zwölften CD abgeschlossen. Seit 1991 wurde dieses Repertoire aufgenommen, erst mit dem Slowakischen Kammerorchester unter Bodan Warchal, dann mit der 2018 ihr 40-jähriges Bestehen feiernden Deutschen Kammerakademie Neuss unter Leitung der Dirigenten Johannes Goritzki und Frank Beermann. Die jüngste Aufnahme wird von Lavard Skou-Larsen geleitet, der von 2004 bis 2017 dem Orchester vorstand und hier eindrucksvoll den mit dem Orchester in dieser Zeit erreichten Leistungsstand dokumentiert.
Unter Skou-Larsens Leitung gelingen bei den beiden viersätzigen Sinfonien Nr. 13 und 20 sowie dem Notturno Nr. 1, einem der drei serenadenhaften Werke dieses Namens von Michael Haydn, auch auf modernen Instrumenten sehr stilsichere, historisch informierte und ausgesprochen spielfreudige und zündende Wiedergaben, die sich durch klare Profilierung des Satzes, eine impulsive Metrik und anmutige Klangkultur auszeichnen. Michael Haydns Musik wird hier mit viel Anspruch und Niveau musiziert, gewinnt dabei immer eine höchst lebendige und natürliche Gestalt. Die Kammerakademie aus Neuss präsentiert sich in allen Registern vorzüglich besetzt, überzeugt auch in den exponierten Solostellen und zeigt sich gegenüber den Originalklangensembles durchaus konkurrenzfähig.
Interessant ist, dass bei der D-Dur-Sinfonie Nr. 13 zwei Sätze in einer alternativen Fassung mit Flöte aus dem Stift Göttweig an der Donau bei Krems aufgenommen wurden, die einen Einblick in der Praxis der Zeit und die Überlieferung dieser Werke geben. Die C-Dur-Sinfonie Nr. 20 ist in diesem Kontext auch sehr interessant, denn sie ist aus bereits vorhandenen Stücken in der Art eines sinfonischen Pasticcios kompiliert.
Karl Georg Berg

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support