Ludwig van Beethoven/Dmitri Schostakowitsch
Symphonies #1
Dresdner Philharmonie, Ltg. Michael Sanderling
Auch wenn die CD-Cover der neuen Serie der Dresdner Philharmonie mit ihren photogeshopt gekleisterten Porträts von Beethoven, Schostakowitsch und dem Dirigenten Michael Sanderling grafisch irgendwie nicht überzeugen, der Inhalt stimmt. Nach den Alben mit den Symphonien Nr. 6 (#6) sowie Eroica und Schostakowitschs Nr. 10 (#3/10) werden als #1 nun die beiden ersten Symphonien Beethovens und Schostakowitschs kombiniert.
Eine gute Idee, denn der Russe Dmitri Schostakowitsch war seit seiner Jugend ein Beethoven-Fan. Als Pianist spielte er häufig dessen Klaviersonaten und dirigierte bereits als Student gerne dessen erste Symphonie parallel zur Komposition an seiner Ersten. Noch in seiner letzten Symphonie (Nr. 15) versteckte Schostakowitsch gleich mehrere Beethoven-Zitate und sagte: Bei Beethoven haben wir alles Klassik und Romantik und 20. Jahrhundert. Ein ziemlich modernes Statement. Leider erfährt man über diese Wechselbeziehungen im ansonsten informativen Booklettext von Wolfgang Stähr nichts. Das wäre bei einem solchen Konzeptalbum doch sinnvoll gewesen.
Musikalisch ist diese CD jedenfalls eine glatte Eins und beweist die wunderbare Union vom Chef Sanderling mit der Dresdner Philharmonie. Bereits Beethovens oft gehörte Erste gefällt durch die detailfreudige Ausgestaltung. Die trockenen Akzente, die knackigen Pauken und Blechbläser folgen Kriterien der historisch informierten Aufführungspraxis. Andererseits ist das Klangbild auf modernen Instrumenten, vor allem in den Streichern, schön abgerundet. Eine in der Spannung nie nachlassende und temporeiche Interpretation ist das Ergebnis. Zudem ist es dem Orchester und der Tontechnik gelungen, alle Instrumente transparent abzubilden. Da macht das Hören Freude, da selbst die lauten Beethoven-Passagen noch deutlich konturiert sind, etwa in der die Coda des ersten Satzes (mit seinen aufsteigenden Hörner-Trompeten-Fanfaren). Glühend gespielte Tremoli sorgen ebenfalls für viel Temperament. Eine Beethoven-Sicht, die von Anfang bis Ende gefangen nimmt.
Dass Sanderling einer der großen und zeitlosen Schostakowitsch-Dirigenten unserer Tage ist, beweist er mit einer plastisch ausgeformten und hochexpressiven Interpretation der f-Moll-Symphonie op. 16. Das Jugendwerk von 1926 ist ohnehin ein großer Wurf, der bereits den ganzen Schostakowitsch enthält. Trompeter und Holzbläser der Dresdner Philharmonie tragen zur kontrastreichen Durchgestaltung der Partitur bei. Toll auch das Klavier-Solo am Ende des zweiten Satzes (überhaupt ist der Pianopart hervorragend gespielt). Das sich in mehreren Steigerungen auftürmende und in den Streichern stark gesungene Satzpaar Lento und Finale ist ebenfalls ein Highlight. Die CD beweist, dass bei der Dresdner Philharmonie Musik ohne oberflächliche Routine gemacht wird. Bei einer reinen Studio-Einspielung (hier aus der einwandfreien Lukaskirche) ist das besonders lobenswert. Matthias Corvin