Andreas Romberg
Symphonies 1 & 3/Overture Die Großmut des Scipio
Phion, Orchestra of Gelderland & Overijssel, Ltg. Kevin Griffiths
Andreas Romberg (1767-1821) war in den Ohren seiner Zeitgenossen ein ebenso guter Komponist wie Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. Geboren in Vechta im heutigen Niedersachsen, arbeitete er von 1790 bis zum Einmarsch französischer Revolutionstruppen 1793 als Geiger in der Bonner Hofkapelle, wo der junge Beethoven die Bratsche spielte und sich mit Romberg den Lehrer Christian Gottlob Neefe teilte. 1815 wurde er Hofkapellmeister in Gotha, als Nachfolger des 17 Jahre jüngeren Louis Spohr, und starb dort vor jetzt 200 Jahren.
Vor dem Vergessen bewahrt ihn seit 1993 die Forschungsstelle Andreas Romberg an der Universität Vechta, die sein Schaffen systematisch erforscht und auch eine Romberg-Edition herausgibt. Diese neue CD enthält vor allem seine beiden jeweils gut 20 Minuten dauernden Sinfonien Nr. 1 Es-Dur op. 6 und Nr. 3 C-Dur op. 33, komponiert 1793/94 und 1797 in Hamburg, gedruckt 1805 und 1812/13 in Leipzig. Die Erste ist nicht seine als erste entstandene Sinfonie, aber seine erste gedruckte (von seinen insgesamt zehn Sinfonien sind nur sechs erhalten, davon vier zu Lebzeiten gedruckt).
Die Dritte enthält einige Besonderheiten: Die ersten drei der vier Sätze stehen im Dreiertakt, der Trio-Mittelteil im Menuetto wirkt wie eine Sturm-Szene aus einer Oper, das Finale enthält zwei Fugato-Abschnitte nach Art von Mozarts „Jupiter“-Sinfonie und seine Themen sind verwandt mit denen der vorigen Sätze. Vor den beiden Sinfonien steht hier noch Rombergs kaum mehr als fünfminütige Ouvertüre zu seiner 1816 für Gotha komponierten Oper Die Großmut des Scipio, zwei Jahre später separat veröffentlicht als Konzertouvertüre op. 54.
Andreas Rombergs Orchestermusik wirkt meist heiter und nur gelegentlich dramatisch, mit unaufdringlichem Kontrapunkt und immer wieder mal solistisch durchbrochenm – vor allem die Flöte hat schöne Soli. Die Sinfonien sind durchaus vergleichbar mit Haydns Londoner Sinfonien, gehen aber schon in einen fast frühromantischen Fluss.
Das Phion genannte Orchester der niederländischen Provinzen Gelderland und Overijssel an der Grenze zu Niedersachsen entstand 2020 als Fusion des Gelders Orkest aus Arnheim und des Orkest van het Oosten aus Enschede (dem widerspricht freilich das angegebene Aufnahmedatum vom 26. bis 29. Juni 2018 in Enschede). Es spielt hier klar und frisch, vorzüglich stilbewusst, wobei der 1978 in London geborene Gastdirigent Kevin Griffiths das stellenweise überschäumende Temperament des Komponisten meist angemessen klassizistisch zügelt. Zumindest im Kopfsatz der Dritten mit seinem Scherzando-Charakter werden die Auftakte zu stark betont, sodass gegenläufige Sforzati nicht deutlich genug herauskommen.
Ingo Hoddick