Gustav Mahler

Symphonie Nr. 7

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Ltg. Simon Rattle

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: BR Klassik
erschienen in: das Orchester 6/2025 , Seite 74

Schon längst rangiert das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zu Recht unter den zehn besten Orchestern der Welt, bis 2019 noch unter der Leitung von Mariss Jansons. Mit der Saison 2023/24, als Simon Rattle das Orchester übernahm, wird es mit Sicherheit weiterhin dazugehören. Das zeigt sehr eindrücklich und überzeugend die brandneue CD-Einspielung einer Live-Aufnahme der 7. Symphonie aus der Feder Gustav Mahlers vom November 2024.
Die Siebente gehört sicherlich wegen ihrer musikalischen und aussageverwobenen Komplexität nicht zu den ganz einfachen. Sah sie doch Mahler höchstselbst als eine Symphonie für Fortgeschrittene an. „Denn für ein Publikum, das noch nichts von mir weiß, ist das Werk zu kompliziert.“ Dies und mehr ist nachzulesen im informativen Booklet von Jörg Handstein.
Simon Rattle hat sich ihrer hörbar mit viel Liebe und ehrlichem Engagement, aber auch mit viel Ehrfurcht angenommen. Mit vorliegender CD lieferten die Akteure eine Aufnahme ab, die jeglichem Vergleich mit anderen Einspielungen beispielhaft standhält. Sehr fein kitzelte Rattle aus seinen Musikern nicht nur die ausgefeilte Technik des kompositionellen Aufbaus heraus, sondern auch die Ästhetik des minutiös durchdachten Orchestersatzes und dessen Instrumentation. So geben in der Balance beispielsweise die bestens agierenden Holzbläser mit ihren zarten und zugleich ausdrucksvollen, hochgeistigen Klangschattierungen den Mahler’schen Schmelz wie kaum ein Orchester wider. Auch Rattles Behandlung des Blechs – und hier insbesondere die der Hörner – wirkt kolossal. Insbesondere da, wo sich die Partitur fein verästelt gibt, wie beispielsweise in den beiden atmosphärisch gehaltenen Nachtmusiken, wo es auf jede einzelne Stimme ankommt. In der zweiten geben die einzelnen Solostimmen im abgewandten Pianissimo der zarten Gitarre und der säuselnden Mandoline viel Raum zur Entfaltung. Zugleich entsteht durch diskrete Zurückhaltung der Bläser eine beseelte Abendstimmung beinahe süchtig machender Anmut und schwärmerischen Liebreizes. In den feierlichen und starken Passagen wie des Finalsatzes lässt Rattle das Blech in lustvollem und intensivem Klangvolumen gewähren, wobei es jedoch nie geschmacksgefährlich ausbricht.
Das Ganze wird von einem überaus transparent, homogen, sehr intelligent sowie teils virtuos aufspielenden Streicherapparat zusammengehalten. Die Musiker meistern auch die kleinsten Nuancen der stimmungsmäßig oft wechselnden Musik bravourös, deren Temperamentspalette und Kunstmittel sie sehr breit auffächern. Sie reicht bekanntlich von tiefsinniger Trivialität und Banalität über entrückende, ideale und sphärische Schönheit, der man sich kaum entziehen kann, bis hin zur erschauernden Dämonie. Die vorliegende Aufnahme ist ein wahrlich schönes und wertvolles Zeugnis höchster Interpretationskunst.
Werner Bodendorff

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