Tschaikowsky, Peter Iljitsch

Symphonie Nr. 5 / Pique Dame, Ouverture

2 CDs

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Oehms Classics OC 667
erschienen in: das Orchester 06/2012 , Seite 70

Als erste Ergebnisse seiner gerade entstehenden Kölner Gesamtaufnahme aller Tschaikowsky-Symphonien präsentierte der Russe Dmitrij Kitajenko bereits die Manfred-Symphonie und die Pathétique. Mit dem Gürzenich-Orchester erschien als dritte CD nun die Symphonie Nr. 5, die seit ihrer Petersburger Uraufführung 1888 die musikalische Welt spaltet. Selbst Peter I. Tschaikowsky bezeichnete sein Werk später als „zu bunt, zu massiv, zu künstlich, zu lang, überhaupt unsympathisch“. Ist hier schon das Tor zum Kitsch aufgestoßen? Sicher nicht, versteht man das Werk als seriöse Programmsymphonie eines aufgewühlten „Künstlerlebens“ oder eben als „Schicksalssymphonie“. Dennoch bewegen sich die vorhandenen Einspielungen zwischen zwei Extremen: Interpretierte der legendäre Leopold Stokowski das Werk wie ein zerdehntes amerikanisches Kaugummi, entdeckten Russen wie Jewgeni Mrawinskij oder Igor Markevitch in den 1960er Jahren die Kraft und Strenge der Partitur.
Wie nicht anders zu erwarten, folgt Kitajenko eher der russischen Linie. Ihm gelingt – wie bereits in Manfred und Pathétique – eine klar strukturierte und warmherzige Aufnahme. Von den Effekt haschenden Interpretationen setzt er sich wohltuend ab. Eher weist er auf Tschaikowskys Musikalität und die durchdachte Form. Dabei kennt der erfahrene Kitajenko die Gefahren der Partitur genau, umschifft die Sentimentalität des langsamen Satzes ebenso souverän wie die Plakativität im Finale. Gelungen ist ihm auch die Tempodramaturgie. Nie geht etwas im Eifer des Gefechts verloren, nie werden die lyrischen Themen zu breit oder gar schmalzig ausgespielt. Dabei dirigiert Kitajenko das Werk abgesehen vom vielleicht allzu kontrollierten Kopfsatz alles andere als nüchtern oder sachlich.
Das Gürzenich-Orchester bestätigt seinen Rang als hochkarätiger Klangkörper, der bei der großen Konkurrenz auf dem CD-Markt international durchaus mithalten kann. Allenfalls dem Vergleich zu Traumpaarungen wie Valery Gergiev und die Wiener Philharmoniker (1998, Philips) kann es nicht standhalten. Insgesamt ist der Klang, besonders der Blechbläser, nicht so scharf wie bei den klassischen Einspielungen unter Mrawinskij oder Markevitch. Das hat auch viel mit der Aufnahmetechnik zu tun, die auf ein rundes, homogenes Klangbild setzt und zudem das hoch auflösende SACD-Format nutzt.
Die Einspielung dieser Fünften entstand im März 2011 in der Kölner Philharmonie. Als Zugabe ist die kurze Ouvertüre zu Tschaikowskys später Puschkin-Oper Pique Dame (1890) beigefügt. Das ist eine in jeder Hinsicht logische Kopplung, denn die melodische Verwandtschaft von Symphonie und Ouvertüre macht sich schon in den ersten Takten bemerkbar. Leider bezieht sich der Einführungstext im Booklet lediglich auf Tschaikowskys Symphonie, zu dem Bühnenwerk Pique Dame ist keine Information zu finden.
Matthias Corvin

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