Gustav Mahler

Symphonie Nr. 5 in cis-Moll

Tonhalle-Orchester Zürich, Ltg. Paavo Järvi

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Alpha Classics
erschienen in: das Orchester 7-8/2025 , Seite 77

Der hier vorliegenden, bei Alpha Classics erschienenen CD zugrunde liegen zwei Konzertaufführungen von Mahlers 5. Symphonie vom Februar 2024 in der Großen Tonhalle Zürich. Mit ihnen haben Dirigent Paavo Järvi und das Tonhalle-Orchester Zürich ihren groß angelegten Mahler-Zyklus recht erfolgreich gestartet. Ihre Leistung ist durchaus beachtlich: Bei Järvi und dem prächtig disponierten Orchester spürt man von Beginn an eine enge Verbundenheit zu Mahlers Werk. „Mit der Fünften hat Mahler wirklich ein neues Universum eröffnet, in dem er einen sehr persönlichen Stil des Musizierens initiierte“, so der Dirigent.
Nach Ansicht des Komponisten handele es sich um ein Werk, das „niemand kapiert“. Bei Järvi wird dagegen ein grundlegendes und tiefschürfendes Verständnis von Mahlers komplexer, einem neuen Stil frönender Partitur von Beginn an offenkundig. Mit hohem Einfühlungsvermögen stürzt sich Järvi in seine Arbeit und wartet mit einer respektablen Auslotung der Musik auf. Dabei scheint ihm in erster Linie daran gelegen zu sein, die „schweren“ Auffassungen eines Bernstein und eines Klemperer hinter sich zu lassen. In Abgrenzung zu diesen Pult-Giganten setzt er auf einen schlankeren Klang. Dabei bevorzugt er eher zügige Tempi und glättet die der Partitur immanenten Ecken und Kanten. Die Folge ist ein abgerundetes und weiches Klangbild ganz ohne Pathos, in dem die lyrische Komponente ganz groß geschrieben wird. Zu laut wird es wirklich an keiner Stelle. Diese Auffassung des Dirigenten hat sicher ihre Berechtigung, andererseits wäre hier und da etwas mehr Pathos nicht schlecht gewesen.
Insgesamt werden die vielfältigen Strukturen des Werks von Järvi ansprechend herausgearbeitet und Details gekonnt in den großen musikalischen Gesamtzusammenhang gestellt. Bewusst betont werden die Anklänge an Mahlers Lieder aus Des Knaben Wunderhorn. Auch das Schicksals-Motiv aus Beethovens 5. Symphonie wird zitiert. Die vorwiegend schlanke Tongebung ist etwas anders, als man es von den klassischen Mahler-Aufnahmen her gewohnt ist. So hätte man den Trauermarsch der ersten Abteilung vielleicht gerne etwas dramatischer gehört. Das Scherzo wiederum wirkt unter Järvis umsichtiger Leitung wieder recht lebendig und impulsiv. Hier breitet der Dirigent zudem perfekt die in dieser Abteilung zutage tretenden unterschiedlichen musikalischen Stile vor den Ohren des Zuhörers aus. Getragen und einfühlsam gelingen Järvi in der Schlussabteilung die feinen Choral­anklänge. Der Schluss ist von einer heiter und locker anmutenden Impulsivität geprägt. Insgesamt positiv hervorzuheben ist die vorbildliche Transparenz des Klangbilds.
Ludwig Steinbach

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