Gustav Mahler

Symphonie Nr. 3

für Alt-Solo, Knabenchor, Frauenchor und Orchester, Partitur

Rubrik:
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel
erschienen in: das Orchester 05/2022 , Seite 64

Eine weitere Herkulesaufgabe ist erledigt: Die 288 Seiten starke Partitur einer weiteren Mahler-Symphonie hat Breitkopf & Härtel nun vorgelegt, und zwar seine Dritte mit ihrer bis etwa 110 Minuten langen Spieldauer. Was für ein Werk!
Wiederum ist es der Mahler-Experte Christian Rudolf Riedel, der bereits 2019 bei Mahlers Erster „Titan“ (das Orchester 1/2020) als Herausgeber verantwortlich zeichnete. Die Symphonien knüpfen inhaltlich an die Bände der 1960 begonnenen Kritischen Gesamtausgabe an. Und so hatte Riedel auch dieses Mal die scheinbar nie enden wollende Aufgabe, aus der Fülle
„der komplizierten und verworrenen Quellenlage, die aus dem prozesshaften Charakter von Mahlers Schaffensweise“ resultiert, einen wissenschaftlich haltbaren Druck zu erstellen. Insbesondere für einen Herausgeber Mahler’scher Werke ist es stets sehr schwierig zu entscheiden, ob seine zahlreichen Retuschen in der Partitur den „speziellen Aufführungsbedingungen geschuldet sind, oder ob sie seinem letzten kompositorischen Willen entsprechen“.
Wegen der schier unübersichtlichen Menge an Quellenmaterial sind einst nicht nur die Symphonien unter Mahlers Händen zu einer Art „Work in progress“ geworden, sondern nun auch die Partitur; selbst die auf den neuesten Stand gefertigten, unerlässlich gewordenen praktischen Notenausgaben unterliegen dieser Prozessualität.
Sie sind mit allen Notwendigkeiten praktischer Aspekte wie Zählhilfen oder Wendemöglichkeiten neu gedruckt worden. Dabei orientierte sich der Herausgeber an die heute übliche Vorgehensweise der „Fassung letzter Hand“, womit editorische Unstimmigkeiten und „bekannt gewordene Fehler berichtigt werden konnten“.
Weitere Informationen über Quellenstand und -bewertung, über Entstehung und Überlieferung, die zahlreichen Revisionen, frühe Aufführungen, die Anmerkungen zu Werk und Interpretation, die Besetzung und nicht zuletzt die Liste der nachfolgenden wie zahlreichen Einzelanmerkungen erteilt der deutsch-englische Revisionsbericht im Anschluss der üppigen Partitur. Eine repräsentative, faksimilierte Partiturseite der Erstausgabe (1. Satz, T. 405-412) mit authentischen Korrekturen und Eintragungen in roter Tinte gibt einen kleinen Einblick in den komplizierten Prozess einerseits, andererseits zeigt sie die schwer zu lösende Problematik, vor welcher der Herausgeber stand.
Ein zweisprachiges, umfangreiches Vorwort führt zur Musik hin. Es stammt aus der Feder des Mahler-Forschers Constantin Floros, der auch den bemerkenswerten und spannend zu lesenden Beitrag „Mahler als Symphoniker“ verfasste. Die beiden Texte „O Mensch! Gib Acht!“ von Friedrich Nietzsche und „Es sungen drei Engel“ aus Des Knaben Wunderhorn sind vor der groß angelegten Besetzungsliste abgedruckt. Das großformatige Layout der Partitur erfüllt mit ihren bis zu 27 Systemen nebst Musizier- und Instrumentalanweisungen, dynamischen Zeichen und Gesangstext in Lesbarkeit und Übersichtlichkeit höchste Ansprüche.
Werner Bodendorff