Franz Schubert

Symphonie Nr. 3 / Nr. 7 E-Dur

Münchner Symphoniker, Ltg. Kevin John Edusei

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Münchner Symphoniker
erschienen in: das Orchester 01/2021 , Seite 70

Nur die Pauken stammen offenbar aus der Entstehungszeit. Aber bei Blech, Hölzern und Streichern bevorzugte Kevin John Edusei – trotz der Verfügbarkeit historischer Instrumente – neuere und verstärkte im Vergleich zu der von Joseph von Sonnleithner genannten Uraufführungsbesetzung die Streicher. Möglicherweise sind auch diese Kompromisse Ursache dafür, dass die Einspielungen der Münchner Symphoniker für ihre Komplett-Edition der Schubert-Symphonien für den Hörer anstrengend sind. Weil einige Lücken in den Resonanzräumen nach den Aufnahmen in den Bavaria-Musikstudios im Juni 2019 nicht ausgeglichen wurden, muss man von einer künstlerischen Absicht des Dirigenten und der Produzenten ausgehen.
Es kommt weder in den Tuttinoch in den Forte-Stellen zu einer gerundeten, homogenen Klangwirkung. Vorteilhaft gerät das für die Wahrnehmung der Tempo-Entwicklungen im Menuetto der 3. Symphonie D-Dur und in den mendelssohnhaft schwebenden Violinlinien am Beginn des Presto. Auch im weiteren Verlauf kommt es ansatzweise zu einprägsamen Passagen. Doch auf rhythmisch prägnante Akkordreihen folgen nur selten suggestive, konzentrierende Entwicklungen. So lässt die Wiedergabe schwerlich den im Booklet behaupteten Enthusiasmus für die beiden Übergangswerke in Schuberts kompositorischer Entwicklung erkennen.
Bei der Einspielung der 7. Symphonie E-Dur entschied man sich für die Ergänzungen von Brian Newbould, der die experimentellen Notizen und mutigen, zukunftsweisenden Harmonien nicht zu mildern beabsichtigte. In diesem Vorgänger-Opus zu Schuberts beiden letzten Symphonien machen sich die Unentschiedenheit zwischen Auflichtung und der stellenweise lärmenden Dominanz von Bläsern und Pauken bemerkbar, die mit einem Spannungsverlust einhergeht und die Aufmerksamkeitsbereitschaft ermüdet. Melodische Höhepunkte der Partitur wie die schwebenden Streicher- und Holzbläserlinien des Andantes kommen in der Reprise zum Blühen.
Zugegeben: Das konkurrierende Angebot an Einspielungen von Schubert-Symphonien ist immens. Egal, ob Roy Goodmans geharnischte Volltönung mit The Hanover Band, Nikolaus Harnoncourts individuelle Detailbesessenheit oder Antonello Manacordas artistischer Konturenstift für die Höhenflüge der Kammerakademie Potsdam gerade in den frühen Sinfonien – sie alle und auch viele der hier nicht genannten Interpreten zeigen Liebe und Leidenschaft für diese Musik.
So muss man mit Bedauern feststellen, dass Edusei und die Münchner Symphoniker in dieser Folge nicht so recht zu legitimieren wissen, was sie an diesen Werken fasziniert und deshalb beflügeln sollte. Dabei gelangen sie im Scherzo mit Trio und am Beginn des Allegro giusto zu einer weichen und dabei transparenten Feinheit von hoher Musikalität, die sich nicht bis zum Finale hält. So bleibt auch nach dem wiederholten Hören vor allem die Erkenntnis, dass Schubert trotz Hilfestellungen durch historisch informierte Annäherungen extrem schwer ist.
Roland Dippel