Schneider, Friedrich

Symphonie Nr. 17

in c-Moll WoO, Urtext, hg. von Nick Pfefferkorn

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Pfefferkorn, Leipzig 2012
erschienen in: das Orchester 03/2013 , Seite 70

Vor neun Jahren erregte eine Einspielung der Symphonie Nr. 17 c-Moll des Komponisten Friedrich Schneider durch die Cappella Coloniensis unter Sigiswald Kuijken Aufsehen. Nun liegt der Urtext der Partitur erstmals kritisch revidiert und durch ein Vorwort eingeleitet im Leipziger Musikverlag Pfefferkorn vor. Ein schöner Gewinn für das Repertoire, denn die 1822 komponierte und am 13. Oktober desselben Jahres im Leipziger Gewandhaus uraufgeführte Symphonie hat so manche Meriten.
Zunächst fällt die Tonart c-Moll auf, durch Beethovens “Schicksalssymphonie” ohnehin vorbelastet. Doch nutzt Schneider keinen pathetisch-heroischen Tonfall, sondern schließt sich dem drängenden, schweifenden und kantablen Charakter an, den die Tonart seit dem “Sturm und Drang” und besonders in der Frühromantik besaß. Lediglich der dem ersten Satz vorangestellte Unisono-Liegeton der Streicher erinnert ein wenig an Beethovens Coriolan-Ouvertüre. Doch sogleich rücken Solo-Horn und Solo-Klarinette in den Vordergrund. Dieser weiche Tonfall der Instrumentation und das prozessartig entwickelte Thema folgen der Sprache des 19. Jahrhunderts. Robuste Akzente werden spannungsvoll eingesetzt, Höhepunkte durch Fanfaren markant herausgearbeitet.
Keine Frage, in dieser Musik spricht sich ein Romantiker aus. Der Blick geht zu Franz Schubert, der in seinem Frühwerk eine ganz ähnliche Neudeutung der klassischen Symphonie wagte. Schneider versteht auch technisch sein Handwerk. Die “Durchführungsarbeit” ist bereits auf die Exposition erweitert. Der zweite Satz – ein Andante cantabile As-Dur – ist im Rahmen einer zweiteiligen Form bemerkenswert fantasievoll gestaltet. In harmonische Weiten wird das schreitende Thema gebettet und von teils schwärmerischen Gegenthemen abgelöst. Der zweite Teil verknüpft auf kunstvolle Art Durchführung und Reprise. Das Menuett ist zu einem feurigen c-Moll-Scherzo gewandelt, im Schlusssatz (erneut in Sonatensatzform) wird die C-Dur-Lösung durch Korrespondenzen zu vergangenen Themen und ein Fugato in der Durchführung vorbereitet.
Auch wenn die finale Apotheose kaum als Durchbruch gestaltet ist, sondern eher natürlich aus dem Satzgeschehen herauswächst, gelang Schneider mit seiner c-Moll-Symphonie eine bemerkenswert schlüssige und sorgfältig ausgestaltete Komposition. Sie beweist, dass neben Schuberts zeitgleich entstandener “Unvollendeten” auch außerhalb Wiens an der Entwicklung der “romantischen Symphonie” gearbeitet wurde. Die von Nick Pfefferkorn sauber gestaltete Edition kann vorbildlich genannt werden.

Matthias Corvin