Bacri, Nicolas

Symphonie concertante

op. 51 pour deux pianos & orchestre à cordes, 1995-96 – révision 2006

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Durand
erschienen in: das Orchester 11/2017 , Seite 60

Der französische Komponist Nicolas Bacri (*1961) hat schon ein beachtliches Werkverzeichnis von bisher 145 Opuszahlen vorzuweisen, darunter sieben Sinfonien, Orchester­suiten, ein Requiem und einige Konzerte für verschiedene Soloinstrumente mit Orchester. Die viersätzige Symphonie concertante für zwei Klaviere und Streichorchester ist in gemäßigt moderner Tonsprache gehalten und dem polnisch-russischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg gewidmet, in dessen Todesjahr 1996 die erste Fassung entstand. Diese wurde am 23. August 2002 erstmalig aufgeführt und anschließend vom Komponisten weiter bearbeitet. Die jetzt beim Durand-Verlag vorliegende Version wurde am 27. April 2017 vom Philharmonischen Orchester Radio France unter Leitung von Elena Schwarz mit den Solisten Eliane Reyes und Jean-Claude Vanden Eynden uraufgeführt.Der Misterioso-Beginn des Preludios klingt mit seinem Quintgestus in Sechzehnteln etwas nach Schostakowitsch. Ein gewichtiges harmonisches Ostinato des zweiten Klaviers und chromatische Oktavgänge des ersten Klaviers prägen den dramatischen Verlauf des Satzes, der nach einer kurzen Solokadenz in gelösten Floskeln zu verklingen scheint, bevor die Violinen mit einem abwärtsgehenden Motiv im Forte tragico enden.
Der zweite Satz Intermezzo notturno huscht mit Leichtigkeit dahin. Bei den beiden Flügeln korrespondieren bitonale Sechzehntelfiguren mit Tritonusklängen und anderen Intervallgesten, die vom pochenden 6/8-Impuls der Streicher zusätzlich angetrieben werden. Ein als großes Crescendo gestaltetes Trio enthält das thematische Material für den dritten Satz Elegia. Wuchtige Akkordballungen der beiden Pianisten führen zu einem ausdrucksstarken Lamentoso, welches in einem mit Mollterz und kleiner Sechste getrübten, sehr stimmungsvollen C-Dur endet.
Das bewegungsintensive und mit 237 Takten sehr umfangreiche Finale im Allegro alla marcia beginnt mit einer Weiterentwicklung des ersten Themas vom Preludio und ist voller Spielfreude und Virtuosität und mit rhythmischer Finesse gestaltet.
An diesem etwa 20-minütigen Werk werden Klavierduos Freude haben, die ihr Repertoire in Richtung der zeitgenössischen Musik erweitern wollen. Die Symphonie concertante ist anspruchsvoll, aber nicht übermäßig schwer zu spielen. Nicolas Bacri zeigt sich in ihr als erfahrener und fantasievoller Komponist, der die Wurzeln der musikalischen Tradition des 20. Jahrhunderts – neben Schostakowitsch und Weinberg vor allem Bartók – gut kennt und der gleichzeitig eigene, kompositorisch souverän geführte Wege geht.
An manchen deutschen Musikhochschulen gibt es seit einiger Zeit den Masterstudiengang für Klavierduos. Den Studierenden dort sei das gut edierte, reizvolle Werk wärmstens ans Herz gelegt.
Christoph J. Keller