Josef Suk

Symphonie c-Moll „Asrael“ op. 27

Urtext, hg. von Jonáš Hájek, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2018
erschienen in: das Orchester 10/2018 , Seite 66

Josef Suk (1874-1935) ist hierzulande eher den Kennern ein Begriff. Der Schüler und Schwiegersohn Dvořáks war als ausgezeichneter Geiger Mitglied des international berühmten „Tschechischen Streichquartetts“. Den Komponisten Suk kennt man am ehesten noch durch seine Streicherserenaden und die Bühnenmusik zu Pohádka (Ein Märchen).
Seine große Symphonie in c-Moll op. 27, eines der Monumente des tschechischen Repertoires, ist hierzulande ziemlich selten zu hören. Suk hatte die ersten drei Sätze entworfen, als erst sein Schwiegervater Dvořák und wenig später, im Alter von nur 28 Jahren, Dvořáks Tochter Ottilie, die Suk 1898 geheiratet hatte, starben. Nach mehr als einjähriger Unterbrechung fügte Suk zwei Sätze hinzu. Das Werk wurde gleichsam zu einem Requiem für beide: Es trägt mit dem Untertitel Asrael den Namen des Todesengels der hebräischen Überlieferung. Die einstündige Symphonie hat fünf überwiegend feierliche, elegisch-langsame Sätze, sieht man einmal von dem Mittelsatz (Vivace) ab.
Die späte Musik von Antonín Dvořák mag der Ausgangspunkt des Stils von Josef Suk sein, aber in Harmonik, fragmentierter Melodik und Orchestration geht Suk weiter. Vor allem an den Streicherpartien ist zu sehen, dass Suk ein sehr versierter Geiger gewesen sein muss. Die Besetzung mit dreifachem Holz inklusive Piccolo, Englisch Horn, Bassklarinette, Kontrafagott und zwei Harfen ist eher an der unteren Grenze dessen, was in der Spätromantik und zu Beginn des 20. Jahrhunderts üblich war.
Als Quelle für die Edition dient der Erstdruck der Partitur von 1907, ergänzt um die Korrekturen Suks, die der Dirigent Václav Talich 1921 angeregt hatte. Die größte Änderung in dieser Neuausgabe sind ein fünftes und sechstes Horn (ad lib.), die aber in aller Regel die übrigen Stimmen des vierfachen Hörnersatzes verdoppeln. In seinem lesenswerten Vorwort (Tschechisch/Englisch/Deutsch) zeichnet Jonáš Hájek minutiös die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Werks bis in die 1920er Jahre nach, und im Kritischen Bericht lassen sich die Änderungen gegenüber dem Druck von 1907 gut nachvollziehen.
Ist es eine Marginalie, dass dem Leser im 5. Satz (T. 27) unvermittelt ein sehr auffälliger Part für Es-Klarinette begegnet? Der Wechsel zwischen A/B- und Es-Klarinette dürfte, so wie notiert, innerhalb eines Takts im Tempo q = 152 kaum zu bewerkstelligen sein. Wenn man also auf die Farbe der Es-Klarinette nicht verzichten und sie nicht durch die in einer Anmerkung (von Suk?) vorgeschlagene Kombination von Flöte und Klarinette ersetzen möchte, muss man ein weiteres Instrument besetzen. Es wäre nützlich, wenn man dies auch in der Übersicht der Instrumentation auf Seite 2 lesen könnte.
Die vorliegende Ausgabe ist editorisch auf dem besten Stand und das Schriftbild der Partitur mit seinen sehr vielen Angaben zu Tempo, Dynamik und Ausdruck klar und ansprechend. Die vorliegende Ausgabe ist eine gute Grundlage für Aufführungen der Symphonie.
Gernot Wojnarowicz