Carl Friedrich Abel

Suonata per il Violino Solo e Cembalo G-Dur

hg. von Günter und Leonore von Zadow, 3 Spielpartituren, eine mit Aussetzung

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Güntersberg
erschienen in: das Orchester 02/2020 , Seite 62

Carl Friedrich Abel zählt zu den lange Zeit vergessenen, durch die historische Aufführungspraxis seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert wieder entdeckten Komponisten zwischen Barock und Klassik. Die in der Edition Güntersberg neu erschienene Erstausgabe seiner Violinsonate G-Dur ist eine wertvolle und wichtige Bereicherung des Repertoires. Sie ist nur auf zwei Notensystemen wie im Generalbasszeitalter üblich notiert: Violinstimme und bezifferter Bass.
Doch in ihrem Titel heißt es nicht für Violine und Basso continuo, sondern für Violine und Cembalo, was wohl darauf hinweist, dass diese Sonate nur in Begleitung eines Cembalos ausgeführt werden soll (freilich wäre die zusätzliche Besetzung mit einem Violoncello durchaus sinnvoll). Sie ist also für ein Duo aus Violine und Cembalo – wegen der dynamischen Gestaltung sogar noch besser für ein Hammerklavier – gedacht, aber noch ganz im Sinn des Generalbasszeitalters notiert. Das Neue gegenüber dem Barock findet sich vor allem in der Violinmelodie, die von einer natürlichen Gesanglichkeit und einem großen Ausdruckspektrum geprägt ist, in dem die Dynamik eine wichtige Rolle spielt.
Durch den Kontrast zwischen piano und forte wird im e-Moll-Mittelteil des Adagios die dramatischen Gegenüberstellung eines stürmischen und verhaltenen Motivs betont, die für den musikalischen „Sturm und Drang“ typisch ist. Auch der 2. Satz besitzt solche schroffen dynamischen Gegensätze. Dagegen ist der 3. Satz, ein menuettartiges Vivace, heiter und galant.
An die Spieltechnik stellt Grauns Violinsonate keine hohen Anforderungen. Sie begüngt sich weitgehend mit der ersten Lage und geht nicht über die dritte hinaus. Aber umso anspruchsvoller ist die musikalische Gestaltung. Sie verlangt eine flexible Bogentechnik, ein schnelles Umschalten zwischen unterschiedlichsten Artikulationsarten, das Abschattieren von Lauffiguren und die differenzierte Gewichtung der Töne auch in schnellen Passagen. Diese Musik ist „Klangrede“ im wahrsten Sinn des Wortes. Sie kennt keine großen Bögen, vielmehr wird sie nur lebendig, wenn sie im Detail gestaltet wird. Wer Erfahrung mit einem Barockbogen hat oder gar einen verwendet, wird sich leichter tun, um die Feinheiten dieser Musik zu erfassen.
Die Ausgabe der Edition Güntersberg ist vorbildlich. Michael O’Loghlin verfasste eine informative Einführung, die dem Spieler das Wissen über den Komponisten, dessen Zeit, die Satzfolge, die kompositorische Struktur, das Tempo, die Umsetzung der Verzierungen vermittelt, was notwendig ist, um die Noten adäquat in Musik umsetzen zu können. Zwei Faksimiles zeigen das Originalnotenbild. Der Notentext übernimmt unverändert den der Ausgangsquelle, verwendet also Bindebögen und Verzierungen, wie sie Abel selbst vorgegeben hat. Die Generalbassaussetzung geht sensibel auf die Stilistik der Sonate ein. So ist diese Ausgabe bestens für Studium und Konzert geeignet und kann wärmstens empfohlen werden.
Franzpeter Messmer