Isasi, Andrés
String Quartets Nos. 1 and 5
Isasi Quartet
Andrés Isasi hat das Schicksal nicht gerade in ein Zentrum der europäischen Avantgarde am Beginn des 20. Jahrhunderts hineingeboren. Das zeitigt für den 1890 im Baskenland zur Welt gekommenen Mann, dessen musikalisches Talent in der großväterlichen Familie (die Eltern waren früh gestorben) schon bald zutage tritt, Folgen: Mit 19 muss der junge Mann hinaus in die Welt, es zieht ihn nach Deutschland, nach Berlin. Der Pianist und Komponist wird Schüler von Karl Kämpf und Engelbert Humperdinck, studiert Brahms, bewundert Strauss und schreibt und schreibt. Unter anderem etliche Orchesterwerke, viele Lieder auf eigene Texte, Vokal- und Kammermusik.
Aber als Isasi bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach Bilbao zurückkehrt, will dort kaum jemand seine Werke hören. Dünnhäutig und von Selbstzweifeln durchdrungen zieht sich Isasi aufs Land zurück und komponiert fürs Archiv der Musikgeschichte, in dem sich ja so viel Vergessenes türmt. Als er 1940 stirbt, kennt den Komponisten Isasi kaum noch jemand. Für das Label Naxos und seine Reihe Spanish Classics hat jetzt das spanische Isasi Quartet die fünf Streichquartette dem Vergessensein entrissen. Die dritte und letzte Folge dieses verdienstvollen Unternehmens stellt mit den Streichquartetten Nummer 1 und 5 wahrhaft hörenswerte und äußerst dankbar zu musizierende Werke der geneigten Öffentlichkeit in Welt-Ersteinspielung vor (siehe auch die Besprechungen in das Orchester 5/2013, S. 73, und 4/2014, S. 79).
Isasi ist ein Spätromantiker von Format. Seine Themen schwelgen in wunderbar singenden Melodien, er erfindet überaus originelle Stimmungen für die handwerklich souverän beherrschte Streichquartettbesetzung und überrascht bisweilen durch verwegene Harmonik. Nicht zuletzt weisen sowohl das frühe (mit 21 komponierte) erste Quartett wie auch das Opus 31 von 1921 bei allem Rückbezug auf romantische Ideale einen bemerkenswerten formalen Reichtum auf.
Das Isasi Quartet zeigt sich als ein über jeden Zweifel erhabener Klangkörper von hoher Professionalität. Man hört gleich, dass die vier Musiker Anna Bohigas, Annick Roussin, Karsten Dobers und Yvan Chiffoleau viel deutsche und französische Romantik im Repertoire haben. Warmtönig und mit hoher Sensibilität für
intensiven, dabei immer durchsichtigen Zusammenklang führen sie Isasis Werke geradezu mustergültig vor.
Als Zugabe präsentiert die CD noch Isasis Violinsonate, die die Primaria des Quartetts, Anna Bohigas, zusammen mit der Pianistin Marta Zabaleta musiziert. Katalanische Themen liegen der Katalanin, die in Bordeaux eine Professur für Geige innehat, natürlich. Ein schönes, dabei gar nicht mal so volkstümliches Stück Musik. Man darf sich über diese Neuentdeckungen freuen.
Armin Kaumanns