Werke von Maurice Ravel, Erwin Schulhoff und Ulvi Cemal Erkin

String Quartet in F major op. 35 / 5 Pieces for String Quartet / String Quartet

Klenke Quartett

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: accentus music
erschienen in: das Orchester 11/2024 , Seite 75

Drei Streichquartette von Komponisten, die zwar stilistisch sehr unterschiedlich sind, dennoch viel gemeinsam haben: Die Entstehungsdaten der Werke liegen nur 33 Jahre auseinander (1903/1923/1936). Welche Kriterien dafür verantwortlich waren, dass die vier Künstlerinnen des Klenke Quartetts gerade diese drei Werke ausgesucht haben, lässt sich im Gespräch nachlesen, das Martin Hoffmeister mit dem Ensemble geführt hat: Der Fokus der Interpretinnen liegt „in der Musik des frühen 20. Jahrhunderts mit ihrem Farbenreichtum, der spezifischen Rhythmik und den spannungsgesättigten Kontrasten“. Die drei Kompositionen entsprächen einem Konzertprogramm, das sie häufig unter dem Titel „Traditional Tunes“ aufgeführt hätten. Es handelt sich um Quartette, so die Überlegung, die „volkstümliche, heimatliche musikalische Wurzeln reflektieren“. Durch den engen Bezug zur Volksmusik stünden sie exemplarisch für viele ihrer Zeitgenossen.
Annegret Klenke und Beate Hartmann (Violinen), Yvonne Uhlemann (Viola) und Ruth Kaltenhäuser (Violoncello) nahmen vorliegende Werke im Januar 2023 im litauischen Studio Residence Palesius auf. Das inzwischen schon über 30 Jahre agierende Ensemble startet mit Ravels „Quatour pour instruments à cordes“, wie es der Pariser Verlag Durand Cie. in der Erstausgabe des Jahres 1910 nannte (mit „op. 35“ versehen, was überrascht, weil kein Werk Ravels je eine Opuszahl erhielt).
Wenn der erwähnte folkloristische Bezug bei Maurice Ravel wegen des Hauptaugenmerks auf verschwimmender Farbigkeit und transparenter Atmosphäre nicht ganz so augenscheinlich daherkommt – raffiniert versteckt im zweiten und vierten Satz –, trifft diese Aussage sowohl bei Schulhoff als auch bei Erkin voll und ganz zu. Während allein schon die Titel der fünf Stücke von Schulhoff – wie „Alla Valse viennese“, „Alla serenata“, „Alla Tango milonga“ oder „Alla Tarantella“ – für sich allein sprechen, entwickelte sich Erkins Musik zu einer Mixtur aus westlicher Kunstmusik und anatolischem Flair.
Tatsächlich interpretiert das Klenke Quartett die Stücke genauso, wie sie beschrieben und erläutert wurden. Ravel mit hoher Farbigkeit, transparenten Klängen und fingerflinker Virtuosität. Nur das häufige Anschleifen der Töne, insbesondere von der Primaria und Namensgeberin des Ensembles, hat zwar seinen Reiz in verschwimmender Unschärfe, gerät jedoch auch rasch zur Stereotype. Schulhoffs Tänze geraten wirklich sehr überzeugend, sind mitreißend und musikalisch sehr dicht interpretiert. Erkins relativ knapp gehaltenes Streichquartett von zwölfeinhalb Minuten besticht durch Prägnanz in der Aussagekraft und Klarheit.
Werner Bodendorff

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support