Dvorák, Antonín
Streichquintett G‑Dur
op. 77, hg. von Frantiek Barto / Antonín Pokorný, Stimmen / Studienpartitur
Mozart fügte dem klassischen Streichquartett eine weitere Bratsche hinzu und Schubert erweiterte es um ein zweites Violoncello, um auf die Streichquintettbesetzung zu kommen. Antonín Dvorák timbriert noch etwas dunkler und vertraut das klangliche Fundament einem Kontrabass an. Zugleich entfernt er sich einen kleinen Schritt von den Hochgefilden der Kammermusik und lässt die fünf Streicher bisweilen Orchesterluft schnuppern. Das liegt zum einen sicher am typischen, dichten Dvorákschen Streichersatz, zum anderen ist es der Tatsache geschuldet, dass der Kontrabass hier eben doch keine ganz den anderen Stimmen ebenbürtige Rolle spielt. Er setzt rhythmische Akzente, verdoppelt bisweilen die Basslinie des Cellos und erlaubt diesem hin und wieder kleine Ausflüge ins Tenorfach ganz so, wie man das vom großen Sinfonieorchester her auch kennt.
Selbstverständlich bleibt aber auch dieses relativ frühe Werk Dvoráks die später vergebene hohe Opuszahl darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier quasi um des Komponisten erstes profiliertes Stück Kammermusik handelt die meiste Zeit über klar konturierte Musik für fünf individuelle und solistische Stimmen; ausgestattet mit einem robusten Ton, kraftvoller Bewegung und einigem melodischen Tiefgang. So rücken die fünf Streicher im Scherzo klanglich eng zusammen, bilden eine kernige Einheit, während sie in den Ecksätzen mit brillant funkelnden Passagen und virtuosen Läufen aufwarten. Das an dritter Stelle stehende Andante sowie das leider nur im Anhang der Studienpartitur präsentierte Intermezzo, das aus der ursprünglichen Satzfolge des Streichquintetts aus Balancegründen gestrichen wurde, zeigen sich zurückhaltender in Ton und Akzentuierung.
Dvorák, der sein G‑Dur-Streichquintett 1875 für einen Kompositionswettbewerb schrieb und mit ihm dann auch den Sieg davontrug, hatte mit der sich lange hinauszögerndenVeröffentlichung kein rechtes Glück die Aufführungen des Werks indes waren und sind stets erfolgreich. Das mag vor allem an den klaren Strukturen der Komposition liegen, an den sehr ökonomisch eingesetzten Mitteln und an den vergleichsweise moderaten spieltechnischen Anforderungen an die fünf Streicher.
Auf Basis des bei Bärenreiter herausgekommenen penibel redigierten Stimmensatzes lässt sich ein Stück expressiver Kammermusik des großen Tschechen abbilden, das es verdient hat, ein wenig häufiger im Konzertsaal zu erklingen. So leicht wie Streichquartett plus Kontrabass den Zugang zu diesem Quintett finden werden, so direkt wird es das Publikum ansprechen, das an mehr als einer Stelle den typischen Dvorák heraushören wird.
Daniel Knödler