Günter Buhles

Streichquartette. Crossover

Sirius Quartet/Strings for you/ Ulmer Amati Quartett/Vielsaitig

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Double Density
erschienen in: das Orchester 07-08/2020 , Seite 77

Elemente von Improvisation und Jazz, so der Komponist Günter Buhles, seien für seine kompositorische Arbeit wesentlich. Tatsächlich geben die hier versammelten Stücke für Streichquartett, entstanden wäh- rend der Jahre 1993 bis 2017, entsprechenden Einflüssen unterschiedlich stark und auf jeweils individuelle Weise Raum. Da lassen sich einmal – so im Streichquartett Nr. 1 – eingewobene Stilzitate aus Blues, Jazz und Tango vernehmen, da werden ferner – so im langsamen Satz des Vier-Violinen-Stücks Vielsaitiges – charakteristische Harmoniefolgen aus dem Jazzkontext verwendet, und da gibt es schließlich auch – wie in den Streichquartetten Nr. 2 und Nr. 5 – ganze Passagen, in denen die Interpreten auf der Grundlage vorgegebener Akkorde über die Themen der Musik improvisieren können.
Auch wenn es schwer fällt, die Werke tatsächlich als Musik „auf der Höhe ihrer Zeit“ wahrzunehmen, wie dies der Komponist als Anspruch an sein eigenes Schaffen formuliert, spricht die präsentierte Stilvielfalt nicht gegen die Werke – verströmen sie bei alldem doch eine angenehm nostalgische Atmosphäre, der viel Potenzial zur musikalischen Gestaltung innewohnt.
Leider sind vor allem die längeren Sätze in formaler Hinsicht oft ein wenig unbefriedigend, denn die musikalischen Verläufen wirken manchmal etwas ziellos oder werden allzu simpel durch Wiederholung von rhythmischen oder akkordischen Patterns in Gang gehalten.
Wirklich störend an der CD ist zunächst einmal die unbefriedigende klangliche Seite: Während beispielsweise das 5. Streichquartett durch eine gedämpfte und verwaschene Klanglichkeit auffällt und das 1. Streichquartett relativ leise ausgesteuert ist, wirkt beim 2. Streichquartett die Abmischung der einzelnen Instrumente – hervorstechende Ober- und Bassstimme gegenüber undifferenzierten Mittelstimmen – sehr unausgewogen. In allen Fällen lassen die klanglichen Defizite darauf schließen, dass es sich nicht um professionelle Aufnahmen handelt.
Das zweite große Problem der Produktion sind die insgesamt doch eher unzureichenden Interpretationen, was umso überraschender ist, als der Komponist im Begleittext schreibt, er habe „in dem New Yorker ‚Sirius Quartet‘ und dem Münchner Ensemble ‚strings 4 you‘ ideale Interpreten“ gefunden.
Angesichts dieser von Buhles als „Glücksfall“ bezeichneten Besetzungen ist das Ergebnis ziemlich dann doch eher enttäuschend. Besonders negativ fällt dabei das Ensemble „strings 4 you“ auf, das im Streichquartett Nr. 2 beim Vortrag gemeinsam angestimmter Oktavintervalle und parallel vorgetragener chromatischer Skalen einen extrem unprofessionellen Eindruck hinterlässt. Zwar kann man zumindest im Fall des Sirius Quartet die notwendigen Kompetenzen im Umgang mit den stilistischen Besonderheiten der Musik wahrnehmen, doch würde ich mir generell von allen Interpreten eine bessere Intonation und ein präziseres Zusammenspiel wünschen.
Stefan Drees