Johann Matthias Sperger
Streichquartette Band I: 3 Quartette op. 1 / Streichquartette Band II: Quartette B-Dur und g-Moll
hg. von Reinhard Wulfhorst
Johann Matthias Sperger dürfte fast nur eingefleischten Kontrabassisten bekannt sein. Als Virtuose auf seinem voluminösen Instrument hat der Mozart-Zeitgenosse eineinhalb Dutzend Kontrabasskonzerte hinterlassen, die aufgrund ihres Schwierigkeitsgrads auch heute noch ein ziemliches Schattendasein im Konzertbetrieb fristen. Seine übrigen Orchesterwerke, darunter Konzerte für Bläser und fast 50 Sinfonien, werden gerade vorsichtig wiederentdeckt und sind in einer kleinen Auswahl auch bereits auf Tonträgern verfügbar.
Spergers Kammermusik jenseits der etwas exotischeren Besetzungen mit Kontrabass dagegen wartet noch auf ihre Entdeckung. Dabei helfen möchte der kleine Verlag Edition Massonneau in Schwerin, der nach Louis Massonneau, dem herzoglichen Konzertmeister zu Beginn des 19. Jahrhunderts, benannt ist. Mit ihm zusammen verrichtete Johann Matthias Sperger in der Ludwigsluster Hofkapelle unter der Leitung von Antonio Rosetti seinen Dienst.
Die beiden Bände mit zusammen fünf Streichquartetten machen vertraut mit einem Komponisten, der sich ganz offensichtlich mit den berühmteren seiner Zeitgenossen messen konnte. Und die drei Quartette op. 1 sind vielleicht auch nicht umsonst die einzigen zu Lebzeiten des Urhebers gedruckten Werke. 1791 veröffentlicht ist dieses Opus 1 ein nicht zu überhörendes musikalisches Ausrufezeichen, das zu seiner Zeit ganz bestimmt weit über Nord- und Mitteldeutschland hinaus Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Spergers Zeitgenossen dürften die drei Quartette in F-, A- und C-Dur sicher mit den jeweils neuesten Werken von Haydn oder den letzten Streichquartetten von Mozart verglichen haben. Aufgefallen sind ihnen dabei vermutlich die sehr gesanglichen, tiefgründigen Binnensätze. In diese klangschönen Adagios legt der Komponist viel gestaltendes Gewicht, hier lässt er seine vier Streicher zur großen gesanglichen Linie anheben.
Johann Matthias Sperger behandelt die beiden Violinen, die Viola und das Violoncello in allen vorliegenden Quartetten gleichberechtigt, teilt ihnen zahlreiche Soli zu und ermöglicht immer wieder auch etwas (streich-)orchestralen Glanz. Der musikalische Diskurs der vier Instrumente ist in den Ecksätzen lebhaft und gut strukturiert, und die bisweilen kecke Harmonik verleiht der Musik zusätzliche Impulse. Sperger erwartet von seinen Protagonisten eine meisterhafte Beherrschung ihrer Instrumente und eine ausgewogene Kombination von solistischer Attacke und gesanglicher Homogenität.
Daniel Knödler