Dvorák, Antonín
Streichquartett F-Dur op. 96
"Amerikanisches Quartett", hg. von Peter Jost, Studienpartitur/Stimmen
Es gehört wohl zu den populärsten und beliebtesten Streichquartetten überhaupt: das sogenannte Amerikanische Streichquartett von Antonín Dvorák, das er 1893 in Spillville/Iowa komponierte. Dem vorausgegangen war die Komposition der Sinfonie aus der Neuen Welt. Unmittelbar nach dem Amerikanischen Quartett, dessen Titel jedoch nicht von ihm stammt, setzte Dvorák noch einen oben drauf und schrieb sein Streichquintett op. 97: so die Genese dieser amerikanisch geprägten Triade.
Peter Jost hat beim Münchner Henle-Verlag eine mit wissenschaftlicher Akribie bearbeitete Urtextausgabe herausgegeben. Für Partitur und Stimmen diente wie bereits bei der Erstausgabe von 1894 allerdings nicht die autographe Partitur, sondern die heute verschollene Partiturabschrift sowie die ebenfalls verschollene Stimmenabschrift. Als Dvorák bei der Probe in Spillville die erste Violine spielte, änderte er im ursprünglichen Notentext der Partitur und der Stimmen Dynamik und Phrasierung und griff auch in den Notentext ein. Joseph Jan Kovarík, ein dort lebender tschechischer Musikerfreund, der Dvorák in Amerika begleitete, schrieb den revidierten Notentext ab, welcher dann später als Stichvorlage diente.
Und da keine Zweifel über deren Autorisierung bestehen, bildete diese Quelle auch für diese Edition die Grundlage wohl wissend, dass die Druckfahnen nicht von Dvorák selbst, sondern von Brahms Korrektur gelesen wurden. Bei Widersprüchen und zweifelhaften Stellen, so Jost in seinen Bemerkungen, wurde die autografe Partitur herangezogen, wie beispielsweise in Takt 242 des Finalsatzes in der Violoncellostimme, wo in der Partitur ein c anstatt ein g notiert ist; wobei das autografe und kadenzierende c von der Harmonik nicht unbedingt falsch wäre. Jost und frühere Herausgeber entschieden sich dennoch für die Orgelpunktvariante.
Auf knapp sechs Seiten mit Einzelbemerkungen wurden alle Änderungen von Seiten des Herausgebers im Gegensatz zu einigen älteren Ausgaben des Werks dokumentiert. Einige wichtige Änderungen sowie Korrekturen im Autograf, die der Komponist selbst vorgenommen hatte, oder auch Vorschläge wie das fragliche as³ in Takt 102 im Kopfsatz der ersten Violine befinden sich im Notentext der Partitur. Wegen der besseren Lesbarkeit sind es nur wenige in den Stimmen selbst, wie eben besagtes c in der Cellostimme. Diese Sichtbarmachung gilt auch für nachträgliche Änderungen im Autograf, die der Komponist selbst vorgenommen hatte, wie in Takt 189 in der ersten Violine im Finalsatz.
So sind in der Stimme der ersten Violine auch das relativ kurze, aber informative, dreisprachige Vorwort nebst den zahlreichen Einzelanmerkungen sowie der Quellennachweis abgedruckt, falls die Partitur nicht benötigt würde. Das exzellent lesbare und blätter- wie umbruchfreundliche Stimmenmaterial folgt den heutigen, hohen Standards und lässt zum Teil ausreichend Platz für Striche und weitere Eintragungen.
Werner Bodendorff