Franz Schubert
Streichquartett a-Moll
op. 29 D 804 (Rosamunde), hg. von Egon Voss, Stimmen/Studienpartitur
Dass knapp 30 Jahre nach Abschluss der Edition sämtlicher Streichquartette Franz Schuberts immerhin von der “Neuen Schubert-Ausgabe” (NGA) vergangenes Jahr der Münchner Henle-Verlag mit dem renommierten Musikwissenschaftler Egon Voss eine sogenannte Urtext-Ausgabe publizierte, ist schon bemerkenswert.
Man sollte annehmen, es sei quellentechnisch und editorisch bereits alles gesagt. Zumal das Autograf des 1824 komponierten a-Moll-Streichquartetts bislang nicht aufgetaucht ist und wohl auch nicht mehr auftauchen wird. Es gibt lediglich ein überliefertes Datum und zwar das der ersten Aufführung durch das Schuppanzigh-Quartett am 14. März 1824. Andere Hinweise stützen die Entstehungszeit. So schrieb kurz zuvor der damals im engeren Schubert-Kreis zählende Maler Moritz von Schwind an Schuberts Freund Franz von Schober nach Breslau, dass ein neues Quartett Sonntags bei Zupanzik aufgeführt wird, der ganz begeistert ist und besonders fleißig einstudiert haben soll. Und noch zuvor meldete Schwind in einem anderen Brief, Schubert mache Quartetten und Deutsche und Variationen ohne Zahl.
Die zeitgenössische Rezension war zurückhaltend in ihrer Beurteilung: Es soll als Erstgeburt nicht zu verachten sein. Noch im selben Jahr kam es zur Drucklegung beim Wiener Verlag Sauer & Leidesdorf, der Erstdruck wurde am 7. September in der Wiener Zeitung angezeigt. Schubert hatte ja ursprünglich vor, zwei weitere Quartette als op. 29 herausgeben zu lassen, wofür er noch das in d-Moll mit dem Beinamen “Der Tod und das Mädchen” komponiert hatte; ein weiteres kam jedoch nicht mehr hinzu.
Schubert hielt sich von Mai bis Oktober 1824 als Musiklehrer auf dem Landsitz des Grafen Esterházy auf. Diese und weitere wichtige Informationen zum Entstehungsprozess sind im dreisprachigen und ausführlichen Vorwort zusammengefasst, das mit den Einzelanmerkungen im Stimmenmaterial der ersten Violine noch einmal wortgetreu abgedruckt ist, falls das Ensemble auf die schön gestaltete Studienpartitur verzichten würde.
Grundlage ist bei der vorliegenden Ausgabe, wie auch bei der NGA und selbstverständlich auch bei allen anderen Ausgaben, die fehlerhafte Erstausgabe der Stimmen, welche das Schuppanzigh-Quartett zuvor zu Proben benutzt hatte. Das Autograf wurde vermutlich nach dem Druck weggeworfen eine damals gängige Praxis.
Für vorliegende Neuausgabe wurde die betreffende Ausgabe der NGA zu Vergleichszwecken herangezogen, so Voss in seinen abschließenden Bemerkungen. Nur der Kritische Bericht der NGA ist ausführlicher mit Querverweisen beschrieben, während Voss sich auf das Wesentliche beschränkt, da er mehr den Praktiker im Blick hat. Auch die akkurat und bestens lesbar gedruckten Stimmen erfüllen die hohen Ansprüche moderner Streicher vorbildlich und voll umfänglich. Die Stimmen sind auch als App erhältlich Code inbegriffen.
Werner Bodendorff