Philipp Ortmeier

Stabat Mater

für Sopran solo, gemischten Chor (SATB) und Streichorchester

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott
erschienen in: das Orchester 12/2018 , Seite 68

Es gibt Komponisten, deren Musik oft unwillkürlich die eigene Vita widerspiegelt. Hierzu muss man wohl auch den 1978 geborenen Philipp Ortmeier zählen, ist er doch Cellist, promovierter Musikwissenschaftler und Chef des Passauer Reiseunternehmens „Omnibus Ortmeier“ in einer Person.
Von solch aparter Diversität ist ganz zweifelsohne auch sein Stabat Mater für Sopran, Chor und Streicher geprägt. Schaut man oberfläch­lich in die Partitur, drängt sich zunächst der Eindruck eines Werks von Mozart oder Schubert auf. Erst beim genauen Studium und inneren Durchhören offenbart sich dann die Besonderheit des kompositorischen Ansatzes dieses bislang eher unbekannten Tonsetzers.
Ortmeiers Stil lässt sich zunächst einmal keinesfalls irgendwo „verorten“. Er schreibt tonal, ohne einem Vorbild epigonenhaft nachzueifern. Grunddreiklänge mit Störtönen stehen selbstverständlich neben verminderten Septakkorden; ein Schlussakkord kann ganz brav die Tonika, aber auch ein gespreizter Großseptklang sein. Der Parameter des Rhythmischen fällt durch simple Wiederholungen auf. Ortmeier vermeidet es, gedehnte Klangflächen zu schreiben, lieber lässt er den Streichersatz dauerhaft – gleichsam bis zum Exzess und ohne Pausen – Viertel und Achtel repetieren. Das ist ebenso mutig wie offensichtlich sein kompositorisches Credo. Die Grundidee der Wiederholung findet sich nämlich auch bei den Themengestaltungen vom Solosopran und den Chorstimmen wieder. So beschränkt sich im „Fac me vere tecum flere“ die Partie der Solistin auf das mehrmalige Zitieren des in G-Dur gesetzten Themas, ein Prinzip, das Ortmeier schon im „Eia mater“ anwendet, hier allerdings in g-Moll und programmatisch den Klagecharakter abbildend. In der Summe führen all diese Stilelemente dazu, dass die Musik einen mystischen, abgehobenen, schwebenden, gleichsam in sich selbst versunkenen Klangcharakter erhält.
Mit Philipp Ortmeier ist ein Komponist am Werk, der ohne Scheu vor Verleumdungen des avantgardistischen Mainstreams ganz offensichtlich einfach so schreibt, wie ihn seine innere Feder führt. Dabei betreibt er keinen Stilmix, bleibt vielmehr ganz bei sich und lässt sich von der Stimmung der Klagegesänge des mittelalterlichen Stabat Mater leiten. Das überzeugt und hat Schott offensichtlich bewogen, ihn als Komponisten ins Programm zu nehmen.
Der Schwierigkeitsgrad des Werks ist so gehalten, dass ambitionierte Laienchöre und Streichensembles ohne allzu großen Probenaufwand zu einem guten Ergebnis gelangen können. Hinzu kommt, dass die Partie des Solo-Soprans jederzeit auch von einer ambitionierten Chorsopranistin übernommen werden könnte. Die Partitur ist übersichtlich gesetzt und sauber lektoriert. Nur auf Seite 17 fallen überflüssige b-Versetzungszeichen in der 1. Violine auf.
Thomas Krämer

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