SWR Big Band x Ola Onabulé

Soul Encounter

SWR Big Band

Rubrik: CDs
Verlag/Label: SWR Music SWR
erschienen in: das Orchester 02/2023 , Seite 72

Unter dem Motto „70 Jahre und kein bisschen leise!“ präsentierte sich die SWR-Bigband erst jüngst mit einer ganzen Reihe fulminanter Konzerte. 1951 als „Erwin Lehn und sein Südfunk Orchester“ gegründet, hat sich das Ensemble über die Jahrzehnte zu einer der profiliertesten Bigbands entwickelt. Ganz zu Recht also wurde da ordentlich und eben auf höchstem musikalischen Niveau gefeiert.
Und diesen Jubiläumsaktivitäten lässt sich wohl auch zuschreiben, dass eine bereits ältere Aufnahme nun als rein digitales Album verfügbar ist – der Mitschnitt nämlich eines Auftritts der Band aus dem Jahre 2014 mit dem Sänger und Vokalisten Ola Onabulé. Bigband-Sound vom Feinsten, eine Soul-Stimme der Extra-Klasse und vom ersten Moment an groovt es genauso hochgespannt wie lässig zugleich. Zwei exquisite klangliche Ingredienzien sind das, die miteinander kongeniale Verbindung(en) eingehen, sich wechselseitig aufs beste inspirieren. Neun Titel lang ist hier zu erleben, wie es also zu dem kommen kann, was mit „soul encounter“ gemeint sein mag.
Schon der eröffnende Titel Every Prey, komponiert von Ola Onabulé und, wie alle Titel dieses Albums, arrangiert vom langjährigen Band-Leader Klaus Wagenleiter, setzt den Soul-Kessel ordentlich unter Volldampf, mit druckvollen Bläsereinwürfen und eleganten Scat-Gesangslinien (im Unisono mit der Gitarre). Sehr schön soulig gehts weiter: mal energiegeladen in nach vorne treibendem Bläsersatz (Swinging Wide mit funkelndem Funky-E-Piano-Solo), mal eher balladenhaft-ruhig im unterteilten Vierviertel (Where the Past Goes mit elegant singender Posaunenlinie). Hier wie da überzeugt zum einen die enorm bewegliche und nuancenreiche Stimme Ola Onabulés. Ganz in Vokalisten-Manier (etwa eines Al Jarreau) intoniert Onabulé nachgerade staunenmachende Passagen, dabei wirkt seine Stimme in all ihren Schattierungen spielerisch gelassen. Zum anderen präsentiert und bewährt sich die SWR-Bigband als ungemein charakterstark und gerade deshalb wandlungsfähig im besten Sinne. Kein bloßes Begleiten des Solisten also durch die Band; vielmehr dialogisieren hier zwei absolut ebenbürtige, wiewohl in ihrem Profil sehr eigenständige musikalische Partner miteinander.
Rhythmisch deutlich aufgerauhter angelegt dann Great Expectations sowie Desperate Ones im Zentrum der Titelfolge. Und bevor so leichtfüßig-swingend wie seelenvoll ausgesungen das finale Soul Town klingt, sind da noch eine nahezu siebenminütige Version von Be a Man und die wunderbar ruhige Rumba-Atmosphäre in The Meaning of Love (mit spannungsreich weit auseinander liegenden Claves-Akzenten) zu hören. Fazit: Wenn auch nicht brandneu aufgenommen, dies alles hat große klangliche Raffinesse und fügt sich immer elegant-groovend zu einem musikalischen Doppelporträt der besonderen Art. Gunther Diehl