Werke von Schubert, Gnattali und Vivaldi
Sonaten für Violoncello und Gitarre
Isabel Gehweiler (Violoncello), Aljaz Cvirn (Gitarre)
Die Gitarre war ein Lieblingsobjekt des frühen 19. Jahrhunderts. In neu entwickelter Form – die moderne sechssaitige Gitarre unterschied sich hinsichtlich ihrer Spieleigenschaften deutlich von der Barockgitarre – bot sie Komponisten und Interpreten vielfältige Möglichkeiten als melodieführendes wie auch als akkordisches Instrument. Im Kontext des bürgerlichen Musizierens entfaltete sie große Popularität. Wien und Paris wurden zu regelrechten Gitarrenzentren, und so wäre durchaus vorstellbar, dass eines der beliebtesten Werke Franz Schuberts, seine „Arpeggione“-Sonate, im biedermeierlichen Wien in einer Version mit Gitarre aufgeführt worden sein könnte.
Vermutlich ist es dazu nicht gekommen, denn das eigentliche Kuriosum des Werks liegt ja im intendierten Soloinstrument, eben jenem Arpeggione, das ja seinerseits eine Art Zwitter aus Gitarre und celloähnlichem Streichinstrument darstellt. Seit Langem wird der Solopart der melodieseligen Sonate gern und häufig von Cellisten gespielt. Die auf der vorliegenden CD eingespielte Fassung für Cello und Gitarre gemahnt allemal an die Musiziersphäre der Schubert-Zeit.
Isabel Gehweiler und Aljaz Cvirn spielen die Sonate mit viel Sinn für klangliche Delikatesse. Die nicht unerheblichen technischen Herausforderungen des Celloparts werden von Gehweiler bravourös und immer tonschön gemeistert. Kennengelernt haben sich die Cellistin und der aus Slowenien stammende Gitarrist an der Zürcher Musikhochschule, seit 2016 spielen sie als Duo. Als besonders reizvoll, so verrät das Booklet, empfinden es beide Musiker, in der Konstellation der beiden verwandten Instrumente nie forcieren zu müssen.
In der Tat gelingen dem Duo berückende Moment klanglicher Affinität. Dies gilt insbesondere für das einzige Cello-Gitarre-Originalwerk, die auf folkloristische Ursprünge zurückgehende, subtil ausgehörte Sonate des Brasilianers Radamés Gnattali. Gitarren-Flageoletts und Cello-Pizzicati verschmelzen zu farbreichen Klangsphären. In Schuberts Sonate hingegen fehlt, ungeachtet des souveränen Spiels von Aljaz Cvirn, vielleicht hier und da doch der Tiefgang klavieristischer Bassregister.
Eine reizvolle Ergänzung erfährt das Repertoire der CD durch Vivaldis a-Moll-Sonate. Ton und Diktion der Cellistin sind ganz vom vibratoreduzierten Klangideal der historischen Aufführungspraxis inspiriert. Der 1. Satz der Sonate (immerhin ein Largo!) gerät indes sehr flott. Verstärkt durch den – Pardon! – unidiomatischen Klang der Gitarre mutet dieser Satz fast wie ein melancholisches „Menuet antique“ an.
Wer zeichnet verantwortlich für die Continuo-Aussetzung der Vivaldi-Sonate? Auf wen geht die Bearbeitung der (das Programm ergänzenden) Andaluza von Granados zurück? Und wer, last but not least, ist Radamés Gnattali? Einige zusätzliche Informationen zur Musik – und dafür etwas weniger Interpreten-Personality – täten der Produktion gut. Davon abgesehen: eine gelungene CD, wir freuen uns auf baldiges Wiederhören!
Gerhard Anders