Matthias Hutter

Sonate op. 28

für Kontrafagott und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Aulos, Dessau-Roßlau
erschienen in: das Orchester 01/2020 , Seite 69

Ein eigener Auftritt für das Kontrafagott in einem Kammermusikprogramm, das nicht komödiantischen oder wenigstens fagottistischen Charakter hat, kommt so gut wie nicht vor. Ein Grund dafür könnte der Mangel an Literatur sein, die das Kontrafagott solistisch in ernsthafter Manier zeigt. Der kleine Aulos-Verlag hat sich zur Aufgabe gemacht, die Auswahl der Spielliteratur für Doppelrohrblattinstrumente zu förden, und die vorliegende Kontrafagottsonate von Matthias Hutter ins Programm genommen.
Matthias Hutter, geboren 1967, Pianist und Komponist, ist erfahren im Umgang mit dem Fagott, in seiner Werkliste ist es mehrfach vertreten. Die hier vorliegende zweisätzige Sonate für Kontrafagott und Klavier op. 28 lässt das tiefe Instrument hervorragend zum Klingen kommen. Schön, dass dabei beide Partner gleichberechtigte Rollen spielen. Im Kontrafagott schöpft Hutter großzügig den gesamten Tonraum von Subkontra-B bis zum hohen a aus, ebenso im Klavier die ganze Tastatur.
Klavierarpeggien eröffnen den ersten Satz, eine „Aria“, und bilden einen Klangteppich für Akkordbrechungen über alle Register im Kontrafagott, die immer wieder in eine Kantilene in der hohen Lage münden und anschließend zum Subkontra-B absteigen, begleitet von harfenartig schillernden Klängen im Klavier. Mit dem zweiten, einem schnellen Satz, folgt ein pfiffiger „Tanz“, rhythmisch raffiniert, in schnellem Wechsel zwischen Dreiviertel- und Siebenachtel-Takt. Ein ungerades Motiv im unteren Register des Kontrafagotts kontrastiert mit einem vermeintlich geschmeidigen Walzer.
Neue Spieltechniken der zeitgenössischen Musik sind nicht erforderlich. Die Begriffe romantisch, impressionistisch, neue Sachlichkeit können den Stil nicht treffen, weisen aber in die Richtung der besonderen Klangsprache des Komponisten. Die Spieldauer beträgt etwa acht Minuten, wobei der zweite Satz, der Tanz, wesentlich kürzer als der lyrische erste ausfällt. Die Proportion ist ungewöhnlich und beim Hören überraschend.
Der Aulos-Verlag gibt für das Werk den Schwierigkeitsgrad 5 an, sehr schwer. Die Schwierigkeit beim Kontrafagott liegt in den langen gebundenen Phrasen über alle Register. Im Klavier sind viele Passagen in Oktaven zu greifen und ungewöhnliche Motive eingestreut. Der Tanz verlangt rhythmische Versiertheit und gute Reaktion beim Zusammenspiel.
Angenehm zu lesender Notensatz, überdurchschnittlich gutes Notenpapier und ein kartonartiger Einband verleihen der Ausgabe Hochwertigkeit.
Die Komposition ist eine Bereicherung der Kontrafagottliteratur, die Spaß macht beim Zuhören, beim Spielen und beim kammermusikalischen Interagieren. Für Fagottstundenten dürfte die Einstudierung dieses Werks darüber hinaus eine gute Übung darstellen, weil alles gefragt ist: großer Tonumfang, Dynamik, unangenehme Bindungen, Rhythmik, Tonschönheit und kammermusikalisches Zusammenspiel. Die Arbeit daran wird mit einem Erlebnis im Klangbad belohnt.
Annette Winker