Camillo Schumann
Sonate Nr. 1/Nr. 2 für Horn und Klavier F-Dur/D-Dur; Sonate Nr. 1/Nr. 2 für Klarinette und Klavier B-Dur
Es-Dur jeweils Partitur und Stimme
Für die meisten dürfte das „C.“ in Verbindung mit „Schumann“ für Clara stehen. Gleichwohl steht es für Camillo, einen Tonkünstler, der am 10. März 1872 im sächsischen Königstein als Sohn des Stadtmusikdirektors Clemens Schumann geboren wurde. Trotz seines großen Œuvres von über 300 Kompositionen – mehrheitlich Kammermusik – ist er weitgehend unbekannt. Schumann schien eine Vorliebe für Bläser zu haben, was mit seiner Tätigkeit in seiner Jugend als Leiter der Bläsergruppe für das traditionelle Turmblasen in Königstein zusammenhängen mag. Obwohl er sich zu seinen späteren Lebzeiten einen Namen gemacht hat als Pianist, Organist und Leiter der Eisenacher Triovereinigung sowie als Interpret seiner eigenen Werke, ist kaum etwas von ihm veröffentlicht worden. Vielleicht ein Grund, weshalb die alte Ausgabe der Musik in Geschichte und Gegenwart nicht auf ihn aufmerksam geworden ist.
Die Kompositionen sind nur als Autografe überliefert und bieten so die seltene Gelegenheit, sie als Erstausgaben bekannt zu machen, obgleich die vorliegenden Werke bereits 2015 im Eigenverlag Nick Pfefferkorn erschienen sind. Für wen genau sie komponiert sind, ist nicht bekannt. Jedoch vermutet Pfefferkorn als Verfasser des zweisprachigen Vorworts, dass Schumann diese „vorwiegend für eigene Konzerte mit befreundeten Musikern geschrieben hat“, worauf erstens die autografen Reinschriften hinweisen, die „den finalen Notentext recht zuverlässig überliefern“, und zweitens im Klavierpart sich „immer wieder Eintragungen für den praktischen Gebrauch“ fänden. Da von den beiden Hornsonaten keine separate Stimme erhalten sei, hat der Hornist dem Komponisten beim Vortrag wohl über die Schulter geschaut.
Anders bei den Klarinettenstimmen der Sonaten B-Dur op. 112 und Es-Dur op. 134, von denen jeweils eine in einer mit Tinte geschriebenen Reinschrift des Komponisten mit „Klarinette in B“ existiert. Im Fall von op. 112 gibt es eine zusätzliche C-Stimme, die er als „Violinstimme“ bezeichnete.
Ein weiterer Grund für den engen Bekanntheitsgrad liegt sicherlich auch in Schumanns spätromantischem, manchmal überspanntem Stil. Die Sonaten entstanden in der Zeit zwischen 1911 und 1936, in welcher beispielsweise der Impressionismus Debussys, die expressive Tonsprache Strawinskys oder gar die Zwölftonmusik eines Arnold Schönberg durch die Musikgeschichte wehten; vielleicht fehlte ihm auch ein Bartók’scher folkloristischer Mut.
Hier liegt Gelegenheitsmusik vor mit zum Teil hohen technischen Ansprüchen. Extreme Höhen oder klangliche Experimente in den Bläserstimmen werden nie ausgereizt, der Klavierpart wirkt bei der frühen Klarinettensonate überladen. Es finden sich darin gute Ideen, jedoch sind melodische Ansätze nicht immer organisch miteinander verwoben. Die Melodik der Hornsonaten wirken recht eigenwillig mit rhythmischen Topoi.
Werner Bodendorff