Fauré, Gabriel
Sonate Nr. 1 A-Dur op. 13 für Violine und Klavier
hg. von Fabian Kolb, Fingersatz der Klavierstimme von Pascal Rogé, mit zusätzlich bezeichneter Violinstimme von Igor Ozim
Gabriel Faurés erste Violinsonate ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswertes Werk. Es ist nicht nur das erste (vollwertige) Kammermusikwerk des Komponisten und steht am Beginn seines heute im Musikleben präsenten Schaffens; es ist zudem gemeinsam mit dem Requiem und ein paar in Instrumentalversionen veröffentlichten Liedern sein meistgespieltes und -aufgenommenes Stück. Und nicht zuletzt begründeten die vier Sätze dieser seit ihrer Uraufführung zu Beginn des Jahres 1877 bei Interpreten wie Publikum ununterbrochen höchst beliebten Sonate den Ruhm des französischen Komponisten, der weniger durch spektakuläre Einzeleinfälle als durch ein im Rückblick sehr gerundet erscheinendes uvre in Erinnerung bleibt. Neben César Francks ebenfalls in der Tonart A-Dur stehenden Violinsonate ist Faurés Komposition das Kammermusikwerk aus dem Frankreich der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schlechthin. Wobei die schnelle Verbreitung des Werks neben seiner Eingängigkeit und geradezu klassischen Übersichtlichkeit ganz gewiss auch auf dem Glücksfall beruht, dass der Komponist mit Breitkopf & Härtel in Leipzig wenn auch gegen Honorarverzicht unmittelbar nach Fertigstellung bereits einen Verleger fand.
Dieser Leipziger Erstdruck und ein autografes Arbeitsmanuskript des Komponisten sind die wesentlichen Quellen für die jetzt bei Henle erschienene Urtextausgabe, die nicht nur mit einem übersichtlichen und sauberen Druckbild aufwartet, sondern im Anhang auch zahlreiche Anmerkungen zu Bezeichnungen, Quellenabweichungen und Lesarten bereit hält. Interessant ist dabei zu sehen, wie groß ganz offensichtlich die Unterschiede der zeitlich recht eng beieinander liegenden Quellen sind was ganz bestimmt auch der Tatsache geschuldet ist, dass Entstehung, Druck und eine große Zahl früher Aufführungen unmittelbar aufeinander folgten, die Sonate also bereits ein sehr bewegtes frühes musikalisches Leben erfuhr.
Gabriel Faurés musikalischer Name wurde durch seine erste Violinsonate, ihren in den Ecksätzen fast schwerelosen Schwung und ihre instrumentale Klarheit eindrucksvoll bekannt. Schon aufgrund der geradezu formvollendeten Behandlung der beiden Instrumente konnte auch ein Lob vom Lehrer Faurés, Camille Saint-Saëns, nicht ausbleiben. Dessen Würdigung zog gar kulinarische Parallelen. Und dem musikalischen “Feinschmecker” wird das in lichtem A-Dur gehaltene Werk, eine im Ton adäquat leichte, in der Bewegung vorwärtsgerichtete Interpretation vorausgesetzt, auch heute noch größtes Vergnügen bereiten.
Vielleicht führt dieses Vergnügen ja zu einer verstärkten Beschäftigung mit den übrigen kammermusikalischen Schöpfungen Faurés, die nicht minder überzeugend, bisweilen aber sogar noch etwas tiefgründiger geraten sind.
Daniel Knödler