Eccles, Henry

Sonate in g-Moll

für Kontrabass (Orchester- und Solostimmung) und Basso continuo, Faksimile und Urtextausgabe

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Walhall, Magdeburg 2010
erschienen in: das Orchester 03/2011 , Seite 66

Die gute alte Eccles-Sonate, Fron und Freude wohl aller ausgebildeten Bassisten: Man durfte sie nie unterschätzen, konnte mit ihr aber doch immer wieder große Aufmerksamkeit erzielen. Es gibt spielerische Effekte wie große Sprünge oder schnelle Läufe im Allegro und im abschließenden Presto. Dazu kann man punkten durch schöne Tonentwicklungen im Eingangs-Largo und im Adagio. Hier konnte man zudem kreativ werden mit Auszierungen, Trillern und Doppelgriffen. Sie war einfach da, gehörte zum Repertoire und man hat sie gespielt, weil sie einem ganz gut in der Hand lag. Die geschichtlichen Hintergründe um die Person des Komponisten und die Musik blieben dabei sekundär.
Der Bassist und Musikwissenschaftler Sven Rössel hat sich einmal intensiver mit der Sonate beschäftigt und das Ergebnis im Rahmen der „Kölner Reihe Alter Musik“ in der Edition Walhall veröffentlicht. Unsicherheiten ergeben sich schon bei Eccles selbst: Man weiß nichts Genaues über ihn, seine Lebensdaten sind unsicher. Geboren so zwischen 1675 und 1685 in London, gestorben zwischen 1735 und 1745 vermutlich in Paris. Er war mit zwei weiteren Verwandten (Brüdern?) in der privaten königlichen Kapelle am englischen Hof, bevor er gegen 1720 wohl nach Paris ging. Wahrscheinlich wirkte er dort bei den „Vingt-quatre Violons du Roy“ am französischen Hof von Ludwig XV. Dort komponierte er zwölf Violinsoli im Stil von Corelli und veröffentlichte sie im Premier Livre des Sonates. Hier erkannte man so manches Plagiat: Einen Schutz dafür gab es damals noch nicht. Und es ist auch nicht sicher, ob er die vier Sätze dieser g-Moll-Sonate selbst geschrieben hat. Der zweite Satz zumindest ist auffallend identisch mit einem Sonatensatz des Italieners Francesco Antonio Bonporti. Eccles wäre nicht der Einzige gewesen, der zu dieser Zeit „Anleihen“ bei Kollegen machte.
Das Faksimile dieser Sonata undecimo wurde in der Bibliothek des Pariser Konservatoriums gefunden, das Deckblatt ist auch in französischer Sprache gehalten. Die Solostimme notierte Eccles im Violinschlüssel, dazu schrieb er nur eine bezifferte Bass-Stimme. Der Cembalist und Spezialist für Alte Musik Robert Schröter besorgte die Continuo-Aussetzung für diese vorliegende Neuausgabe. Für die Praxis gibt es jetzt gleich zwei Fassungen: einmal in der normalen Orchesterstimmung des Basses, einmal in der Solostimmung einen Ton höher. Die Pianisten bzw. Cembalisten wird’s freuen, sie brauchen nicht zu transponieren. Dafür gibt es für sie im Presto einmal ein Problem beim Blättern. Der Herausgeber verzichtet ganz auf Fingersatzvorschläge oder auf irgendwelche Bezeichnungen. Er hält sich ganz an das Original und überlässt alle interpretatorischen Fragen den Ausführenden.
Die Sonate ist schon lange im Gebrauch der Bassisten und liegt auch in mehreren Ausgaben vor, in der Mehrheit preislich günstiger als diese Neuerscheinung. Der Wert der Veröffentlichung liegt in der wissenschaftlichen Durchsicht und Aufarbeitung. Aus dieser Sicht hat es sich gelohnt, diesen bassalen Ohrwurm noch einmal herauszubringen.
Wolfgang Teubner