Strauss, Richard / Felix Mendelssohn Bartholdy
Sonate für Violoncello und Klavier F-Dur op. 6 / Romanze F-Dur AV 75 / Sonate für Klavier und Violoncello D-Dur op. 85
Künstlerische Erträge von erstaunlich hohem Rang lassen sich bei manch einem Komponisten bis in die früheste Kindheit hinein verfolgen. Auch Richard Strauss, dessen 150. Geburtstag man dieses Jahr feiert, war ein Wunderkind. Mit 17 Jahren, da war schon so manches an musikalischen Schöpfungen niedergeschrieben, hatte er begonnen, seine Sonate für Violoncello und Klavier F-Dur op. 6 zu komponieren. 1883 fertiggestellt nahm sich Strauss gleich noch einmal des Violoncellos an. So schrieb er noch eine Romanze in F-Dur für Violoncello und Orchester, die er 1887 für Cello und Klavier umarbeitete. Beide Kammermusikwerke waren, zusammen mit Mendelssohns Sonate für Klavier und Violoncello D-Dur
op. 58, im Mai 2012 Gegenstand des Preisträgerkonzerts des Richard Strauss-Festivals in Garmisch-Partenkirchen mit der Cellistin Raphaela Gromes, der Gewinnerin des Münchner Richard-Strauss-Wettbewerbs im selben Jahr.
Den Mitschnitt dieses Konzerts hat Farao nun auf einer CD vorgelegt. Zusammen mit ihrem feinfühlig mitgehenden Begleiter Julian Riem am Flügel erlebt man die junge Cellistin als eine Künstlerin, die ihren raumfüllenden Ton ohne jede Schwere völlig unverkrampft und auch noch im Gestus höchster Leidenschaftlichkeit ohne alles auftrumpfende Gehabe mit abgeklärter Klangsinnlichkeit aufblühen lässt. In Strauss Cellosonate überzeugen die beiden Interpreten mit einem hohen Maß an feinsinniger, aber einen weiten Ambitus durchmessender Differenzierung der Zeichnung des Ausdrucks, und sie wissen überzeugungskräftig und eindringlich in die noch ganz der Tradition verhaftete Struktur der Kompositionsweise des frühen Strauss einzudringen. Hohe Lebendigkeit und ein organischer Atem, eine im Allegro con brio der Sonate schlechthin überwältigende Emphase, aber auch höchste Sensitivität etwa im Mittelsatz zeichnet die Darstellung aus. Allenfalls im Andante ma non troppo, ebenso aber auch in der zu weit ausholenden sanglichen Phrasenbögen verrundeten Romanze F-Dur ließe sich vielleicht einwenden, dass Raphaela Gromes noch etwas zurückhaltender mit dem Vibrato umgehen könnte.
Die beiden Musiker finden eine ideale Balance zueinander, ein solch ausgewogenes Miteinander lässt auch einen mitunter etwas selbstbewusster agierenden Begleiter zu seinem Recht kommen. Brillant vermögen die beiden Interpreten den Zuhörer in den Sog ihrer Herangehensweise an Mendelssohns D-Dur-Sonate hineinzuziehen. Hier ist in deren mitreißendem Kopfsatz trotz des großen Temperaments nie etwas Überzogenes zu erkennen, alles besitzt Maß und eine feinnervige Gewichtung. Voller Plastizität und Kontur in der Farbgebung folgen die beiden Künstler geschmeidig den unterschiedlichen Ausdrucksebenen im Allegretto scherzando, dem choralartigen Gestus im Adagio wissen sie ohne allzu majestätische Überhöhung und im Einklang mit der ansonsten quasi-rezitativischen Gedankenführung das rechte Gewicht zu verleihen. Die Darstellung des Finalsatzes erfährt eine quirlige Schraffur, die auch im lebhaften Vorwärtsdrängen immer biegsam und klanglich abgeklärt bleibt.
Thomas Bopp