Naji Hakim
Sonate
für Harfe
Naji Hakim, 1955 geboren, ist ein international anerkannter französischer Komponist und Organist libanesischer Herkunft. Besonders bekannt sind seine Orgelwerke. Im Vorwort seiner hier vorliegenden dreisätzigen Harfensonate schreibt er: Sie ist im Geiste des Klassizismus komponiert, sowohl in ihrem harmonischen Ausdruck als auch in ihrer Struktur. Das erklärt eine herkömmliche Spiel- und Ausdrucksweise, Verzicht auf moderne Klangeffekte sowie den verständlichen musikalischen Ablauf in den Sätzen. Auf der Harfe ist die Sonate im Prinzip gut spielbar, würden sich nicht etliche spezifische Mängel in der Ausgabe und der damit verbundenen musikalischen Ausführung ergeben.
Nehmen wir die harfennotwendigen Pedaleinzeichnungen, die zum Verändern der Töne wichtig sind: Gedruckt möchten sie doch an richtiger Stelle stehen und nicht ständig zu früh, sodass unangenehmes Durchklingen der vorhergehenden Toneinstellung zu hören ist. Genaues Pedaltreten auf der Harfe gehört nun mal ebenso zum qualitativen musikalischen Ablauf wie das Spielen der Hände. Weiterhin gibt es im 2. Satz Stellen, wo zu viele Pedale auf einmal getreten werden müssen, sodass selbst bei helfender Enharmonisierung Tretgeräusche unvermeidlich sind. Im 3. Satz kann ich aufgrund des Allegro-Tempos an einigen Stellen zu schnelles Pedalwechseln auf nur einer Fußseite nicht akzeptieren. Für mich stellt sich hier bei all dem die dringende Frage nach professioneller Beratung. Das Stück hätte es verdient.
Nun vermisse ich Metronom-Angaben, die besonders in den Ecksätzen wichtig gewesen wären. Spielt man sie zu langsam, verliert der musikalische Charakter seinen Sinn. Des Weiteren seien die Notenvorzeichen im Druck erwähnt. Mal helfend, mal überflüssig, ergeben sie kein erkennbar sinnvolles Konzept. Auch fehlen musikalisch wichtige Pausennotierungen im 3. Satz. Schade um all diese Unzulänglichkeiten!
Der Grundtenor der Harfensonate ist fröhlich und unterhaltsam, dazu musikalisch sehr verständlich. Einem mittleren Schwierigkeitsgrad entsprechend, bietet sie auch fortgeschrittenen Laien die Möglichkeit, das Stück zu spielen.
Der 1. Satz, ein heiteres Perpetuum mobile, verläuft fast einstimmig in Achtelfiguren. Inhaltliche Melodieführung ist durch Akzente gekennzeichnet. Im Charakter eines musikalisch gefälligen langsamen Walzers mit expressiver Melodik verläuft der 2. Satz. Zum letzten Satz drängen sich mir förmlich als Empfehlung Angaben über Tempofreiheiten auf: Accelerandi hin zu kadenzartigen Abschnitten, dann wieder zurück zum rhythmischen und freudigen Anfangsthema. Nun sei noch erwähnt, dass der Komponist vor die Satzanfänge jeweils ein poetisches, lyrisches Fragment in französischer Sprache von Katia-Sofia Hakim stellt.
Obwohl es weltweit eine enorme Vielzahl von Solostrücken und Solosonaten für die Harfe gibt, stimme ich der Veröffentlichung dieses kleinen Werks zu. Doch eine revidierte Fassung wäre wünschenswert.
Marion Hofmann