Franck, César
Sonate
arrangée pour piano et flûte, hg. und bearb. von Douglas Woodfull-Harris, mit einer Einführung von Gudula Schütz, Partitur und Stimme
Seit ihrer Uraufführung im Dezember 1886 in Brüssel, später noch im Mai 1887 in Paris beide Male mit überwältigendem Erfolg, mit Standing Ovations würde man heute sagen hat Francks Violinsonate in A-Dur nichts von ihrer faszinierenden Wirkung eingebüßt. Wenn auch spät gelang dem Komponisten mit diesem Werk endlich der Durchbruch zu allgemeiner Anerkennung, wozu sicherlich auch die das Publikum begeisternde Interpretation der Sonate durch den Widmungsträger, den hervorragenden Geiger Eugène Ysaÿe, beigetragen hat.
Ist der träumerische erste Satz harmonisch wohl durch das Tristan-Erlebnis von 1884 geprägt, so steht der leidenschaftliche zweite ungewöhnlicherweise in der Tonart der Moll-Subdominante; beide setzen sich mit der Sonatenform auseinander. Die im teils rezitativischen, teils gesanglichen dritten Satz zu findende Vortragsbezeichnung drammatico mag ein Hinweis sein auf die Intentionen eines Komponisten, der die Oper liebte und selbst auch mehrere Opern komponierte. Und dass die musikalisch zwingende Abfolge der Sätze aus einer transformation thématique resultiert, wie es Francks Schüler Vincent dIndy in seiner Analyse nannte, erschließt sich im Finale, das seine prägnante Thematik aus den vorausgegangenen Umformungen bezieht und auf formal innovative Weise Kanon, Rondo und Sonatensatz verbindet.
Eine Flötenfassung der Sonate war schon früh im Gespräch, kommt doch Francks gesanglich expressive Violinstimme den Ausdrucksmöglichkeiten dieses Instruments sehr entgegen. Sie wurde aber damals noch nicht realisiert. Dagegen gab es eine von Franck ausdrücklich unterstützte Einrichtung für Violoncello durch Jules Delsart, einem damals in seinem Fach führenden Cellisten. Sie lag bereits im Januar 1888 der Erstausgabe bei Hamelle bei, die daraufhin unter dem Titel Sonate pour Piano et Violon ou Violoncelle angeboten wurde. Es blieb Jean-Pierre Rampal vorbehalten, 1958 die erste Einrichtung für die Flöte zu veröffentlichten, später folgten noch die Ausgaben von Peter-Lukas Graf (1988) und James Galway (1991).
Die Neuausgabe bietet sorgfältig recherchierte und gut lesbar aufbereitete Informationen zur Biografie des Komponisten und zur Werkentstehung, für die Gudula Schütz verantwortlich zeichnet. Die Einrichtung selbst stammt von Douglas Woodfull-Harris, der, was Flötenmusik betrifft, schon eine kompetente Neuausgabe von Debussys Syrinx vorgelegt hat. Da Francks kantable Solostimme außer einem zu reduzierenden Akkord am Beginn des dritten Satzes kaum Geigenspezifisches enthält, ist sie für das Spiel auf der Querflöte geradezu prädestiniert. Die notwendige Oktavierung von für die Flöte zu tief liegenden Stellen ist überall gut gelöst, das fis, das letzte Sechzehntel in Takt 126, dürfte aber ein Versehen sein, hat doch die im Klavierpart abgedruckte Violinstimme hier ein b, das eigentlich auch nur zu oktavieren wäre. Und dass der Druckfehlerteufel in Takt 75 des ersten Satzes aus der Vortragsbezeichnung con calore (mit Wärme) ein con valore (mit Wert) gemacht hat, kann man gerne als Hinweis darauf lesen, dass die Edition diesem Anspruch in jeder Hinsicht gerecht wird.
Ursula Peek