Bodinus, Sebastian

Sonata I-VI

für Flöte, Violine und Basso continuo, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dohr, Köln 2013
erschienen in: das Orchester 07-08/2013 , Seite 70

Als Sebastian Bodinus am 4. Oktober 1700 im (heute) thüringischen Dörfchen Bittstädt geboren wurde, war sein Vater bereits seit fünf Monaten tot. Über die nächsten 18 Jahre wissen wir von Bodinus nicht viel mehr, als dass er bis zu seinem 13. Lebensjahr die Dorfschule besuchte; doch die Tatsache, dass er 1718 als „Musicus und Laquay“ (seinerzeit eine weitverbreitete Kombination für Hofangestellte) beim Markgrafen Carl III. Wilhelm von Baden-Durlach in Karlsruhe angestellt wurde, lässt darauf schließen, dass der junge Mann auch eine solide musikalische Ausbildung erhalten haben muss. Und obwohl er zwischendurch immer wieder einige Jahre an anderen Höfen angestellt war oder sich als freischaffender Musiklehrer verdingte, kehrte er immer wieder an den Markgräflich Badischen Hof zurück. Bei seiner letzten Rückkehr allerdings, im Herbst 1758, schien er geistig verwirrt und wurde ins „Tollhaus“ in Pforzheim eingeliefert, wo er am 19. März 1759 starb.
Neben einigen Sinfonien, diversen Concerti für Flöte, für Oboe oder Violine schrieb Bodinus vor allem Kammermusik, unter anderem ab dem Jahr 1726 Musicalische Divertissiments in sechs Teilen, für verschiedene kammermusikalische Besetzungen. Darunter befinden sich auch die Sechs Sonaten für Traverso, Violine und Basso continuo, die der Musikwissenschaftler und Musiklehrer Martin Jira nun herausgegeben hat.
In diesen dreisätzigen Sonaten, die in den sowohl auf der Traversflöte als auch auf der Violine gut zu spielenden Tonarten G-Dur, D-Dur, A-Dur und e-Moll komponiert sind, steht am häufigsten die Flöte im Vordergrund, während der Continuo-Part keine solistischen Aufgaben übernimmt und auch die Violine gelegentlich nur der Untermalung der Soloflöte zu dienen scheint; doch immer wieder fallen auch ihr solistische Aufgaben zu. Im Ambitus sind die Sonaten an der Traversflöte ausgerichtet, wobei sie diesen nach oben nicht einmal voll ausnutzen (der tiefste Ton ist d1, der höchste d3). Auch der Violinpart bleibt im Ambitus gemäßigt. Stilistisch sind die Stücke durchaus noch kontrapunktisch aufgebaut, weisen aber eine gewisse harmonische Schlichtheit auf, indem etwa die Harmonien oft einen ganzen Takt lang gleich bleiben und somit bereits sehr klassisch wirken. Ausflüge in tonartfremde Harmonik sind selten, und auch die häufige Terzen- und Sextenseeligkeit in den Melodiestimmen lässt bereits ein wenig an Galanten Stil und Klassik denken – untermischt jedoch immer noch mit Stilmerkmalen des Barock. Da die technischen Anforderungen bei beiden Solostimmen sowie im Continuo ebenfalls nicht sehr hoch sind, eignen sich diese Werke auch gut als Unterrichtsliteratur.
Ob der harmonischen Schlichtheit besteht natürlich die Notwendigkeit, besonders sorgfältig an Klang und Ausdruck zu arbeiten – doch expressiv und intonationsrein gespielt, erweisen sie sich als sehr eingängig und voller hübscher Melodien.
Eine reizende und schnell zu einem Erfolg führende Erweiterung des Repertoires!
Andrea Braun