Johann Sebald Triemer

Sonata B-Dur op. 1/5

für Violoncello und Basso continuo, hg. von Holger Best, Continuo-Aussetzung von Petra Marianowski, Partitur und Stimme

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Ponticello Edition
erschienen in: das Orchester 07-08/2021 , Seite 67

Zwei gute Nachrichten: Das Cellorepertoire der Barockzeit ist weit umfangreicher, als gemeinhin angenommen. Und es enthält manche Preziose, die zum Kennenlernen und Verweilen einlädt. Freilich bedarf es akribischer editorischer Arbeit, um die verborgenen Schätze ans Licht zu bringen. Holger Best – renommierter Cellist und Pädagoge – hat sich um die Sonaten op. 1 von Johann Sebald Triemer (1704-1756) verdient gemacht. Mit der vorliegenden Ausgabe liegen nun fünf der sechs Sonaten in makellosen Urtext-Versionen vor.
In keinem der gängigen Lexika finden wir Informationen zu Leben und Wirken Triemers. Wilhelm Joseph von Wasielewskis Standardwerk Das Violoncell und seine Geschichte (1888) berichtet, dass der gebürtige Weimarer ab 1725 als Cellist im Hamburger Hofopern-
orchester wirkte. Von dort begab er sich nach Paris, wo er unter Boismortier Kompositionsstudien betrieb. Sein weiterer Weg führte ihn nach Alkmaar, später nach Amsterdam. Aus Gerbers Historisch-biographischem Lexicon (1792) erfahren wir, Triemer habe ebendort „eine geraume Zeit privatisirt“. Auch seine Cellosonaten seien in Amsterdam gedruckt worden, überdies habe er „ein starkes Werk“ – offenbar eine Art Celloschule – „unter der Feder gehabt“, dem der Autor noch ein „Tractätgen von der Komposition“ anzufügen gedachte. Ob das Projekt je realisiert wurde, ist nicht bekannt. Möglicherweise hat Triemer seine Sonaten dezidiert in pädagogischer Absicht, ergänzend zum „starken Werk“, geschrieben.
Der Tonraum der B-Dur-Sonate op. 1/5 überschreitet den unteren Lagenbereich nicht, das g’ ist der höchste Ton. Ihr Duktus ist allemal cellistisch: Viele Motive und Passagen verraten die Hand des Fachmanns, etwa die aufsteigende Sequenz am Beginn der Gigue, die bestens geeignet ist, das Spektrum der 1. bis 4. Lage lehrbuchartig abzuhandeln.
Andererseits zeigt sich Triemer als durchaus fantasievoller Komponist: Sequenzen gehen häufig unerwartete Wege und erscheinen in immer wieder variierten Formen. Die Sonate ist viersätzig: Auf ein synkopen-verliebtes Andante mit überraschender Moll-Wendung am Ende folgt ein Allegro-Satz, der reichen Gebrauch von (nicht schwierig auszuführenden!) Akkorden und Arpeggien macht. Ein kurzes g-Moll-Largo leitet über zur finalen Gigue. Ein Kuriosum am Rande: In mehreren Sätzen schreibt Triemer Akkorde in Terzlage, die sich gleichsam irregulär zu den vorausgehenden Kadenztakten verhalten.
Luxuriöserweise enthält die Ausgabe zwei (jeweils durch die Continuostimme ergänzte) Solostimmen, von denen eine den kompletten Notentext im Bassschlüssel enthält, während die andere zwischen den Schlüsseln wechselt: ideale Bedingungen, um Schülern Wege zum Erlernen des Tenorschlüssels zu ebnen.
Rundum sei Dank gesagt: an Petra Marianowski für die von Barock-Kompetenz zeugende Continuo-Aussetzung, an Holger Best und den Verlag für die perfekte Prä-
sentation eines echten Kleinods.
Gerhard Anders